Expired Domain – eine Erfolgsstory mit abgelaufenen Webseiten aus den USA
Die Begriffe „Expired Domain“ oder „Dropped Domain“ sind im Bereich des Onlinemarketing sehr geläufig. Hierbei handelt es sich um Adressen von Webseiten, die eine Privatperson oder ein Unternehmen registriert und nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit nicht mehr verlängert oder gekündigt hat. Die Domain ist danach wieder zur Registrierung freigegeben. In den meisten Fällen sichern sich die Betreiber von Webseiten ihre Domains jedoch nicht nur für die Mindestlaufzeit von einem Jahr, sondern bleiben über einen längeren Zeitraum bei einem Hosting-Anbieter registriert.
Es gibt viele Gründe, warum jemand eine Domain löscht oder kündigt. Wenn sich z. B. ein Unternehmen auflöst oder ein Projekt beendet ist, wird das gesamte Domain-Portfolio gelöscht. Es gibt entsprechend viele Anbieter, die wieder zur Verfügung stehende Expired Domains kaufen und weitervermitteln.
Expired Domains finden: Was macht gelöschte Domains so interessant?
Was eine Expired Domain besonders attraktiv macht, ist ihr Nutzen für die Offpage-Suchmaschinenoptimierung einer Website. Denn die bereits vorhandene Backlink-Struktur lässt sich im Optimalfall übernehmen und nutzen. Das spart eine Menge Arbeit, die man ansonsten mit dem kontinuierlichen Aufbau von eingehenden Links hätte. In der Regel wächst der Wert einer Website über mehrere Jahre organisch an. Mit dem Suchmaschinenranking und den Backlinks steigt auch der Wert der Domain. Der Erwerb einer Expired Domain ist für Webseitenbetreiber eine gute Gelegenheit, diesen langen Weg abzukürzen.
Jedoch gibt es auch Gefahren bei der Nutzung von Expired Domains: Die investierte Summe für die gekaufte Domain lohnt sich nur dann, wenn die Website auch wirklich Traffic bringt und einen guten Ruf genießt. Im schlimmsten Fall „erbt“ man die Altlasten der stillgelegten Domain – beispielsweise Probleme mit Bots, Spam-Attacken oder Google-Abmahnungen. Es ist also sehr wichtig, sich im Vorfeld genauestens über die betreffende Domain zu informieren.
Der Fall Cameron Harris: Schnelles Geld mit Fake-News über eine Expired Domain
Die New York Times berichtete über Cameron Harris, einen Universitätsabsolventen der Politikwissenschaft, der mit seinem Erwerb einer Expired Domain ein einträgliches Geschäft machen konnte. Seine Idee wurde von der New York Times ein „Meisterwerk an Fake-News“ genannt. Der 23-Jährige war nach Abschluss seines Studiums auf der Suche nach einem lukrativen Geschäftsmodell und kam auf die Idee, ein – wie er es bezeichnete – „soziologisches Experiment“ durchzuführen.
Zunächst stellte Harris einige Artikel online, mit denen er nur verhaltene Resonanz und geringe Klickzahlen erzielte. Nachdem er Hillary Clinton bezichtigte, sie habe den Abschuss des Gorillas Harambe als rassistisch motiviert eingestuft, bekam er erste Reaktionen auf seine Stories. Harris konzentrierte sich daraufhin auf politische Themen, da er mit diesen viel Aufmerksamkeit generieren konnte. U. a. unterstellte er Bill Clinton Verwicklungen mit einem Sex-Ring für Minderjährige sowie seiner Frau die Absicht, die Scheidung einzureichen.
Wie konnte Harris viel Geld mit Expired Domains erwirtschaften?
Harris erklärte, dass er den abgelaufenen Domain-Namen „ChristianTimesNewspaper.com“ durch den Anbieter ExpiredDomains.net gefunden habe. Für den Betrag von 5 US-Dollar erwarb er diese Domain und nutze sie für sein „Experiment“. Laut seiner Einschätzung sollte der Titel der URL allein für die nötige Glaubwürdigkeit der Quelle sorgen. Harris veröffentlichte einige Artikel über seine neu erworbene Domain, wobei er sich thematisch auf den US-Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump konzentrierte.
Harris verkündete in seiner Top-Story, was Verschwörungstheoretiker schon lange vermuteten. „Zehntausende“ Clinton-Stimmen seien in einem Lager in Ohio gefunden worden. Die Polizei würde in diesem Fall bereits ermitteln, so Harris in seinem Artikel. Dazu fügte er noch ein Stock-Image ein, auf dem ein Lagerarbeiter erkennbar war. Er hantierte mit großen Kisten, in denen angeblich die manipulierten Stimmzettel für Hillary Clinton enthalten sein sollten. Passend zu diesem Bild ergänzte Harris den Artikel mit einer Geschichte zu einem angeblichen Komplott, der den Ausgang der Wahl beeinflussen sollte. Die Stimmzettel sollten demnach am Tag der Auszählung unter die ordnungsgemäß ausgefüllten Wahlpapiere geschmuggelt werden, um Clinton zur unrechtmäßigen Siegerin zu küren.
Um seine Story zu verbreiten, legte sich Harris einige falsche Facebook-Profile an und teilte dort den Artikel von seiner Website. Die Rechnung ging auf: Die Story über den angeblich groß angelegten Wahlbetrug wurde viral verbreitet. Allein mit diesem Artikel verdiente Harris 5.000 US-Dollar über Google AdSense, da viele Menschen den Artikel für bare Münze hielten, ihn anklickten und teilten.
Kurioserweise bekam der Artikel 6 Millionen Klicks, und Donald Trump persönlich teilte die Story ebenfalls. Der Gewinner der US-Präsidentschaftswahl hatte bereits Fake-News-Artikel benutzt, um politische Gegner anzugreifen, die Legitimität der Obama-Regierung in Frage zu stellen und die Medien zu verunglimpfen. Diese Praxis begleitete seinen Aufstieg vom Reality-TV-Star zum höchsten gewählten Amtsinhaber der USA.
Welche Motivation verfolgte Harris mit seinen Fake-News auf Expired Domains?
Harris hingegen dementierte eine politische Motivation hinter seinen Falschmeldungen. Es gehe ihm nur um den maximalen Profit, der sich mit den politischen Themen erzielen lasse. Auf die Frage, ob er Schuldgefühle habe, Unwahrheiten über einen Präsidentschaftskandidaten zu verbreiten, antwortete Harris: Da Politik generell aus Übertreibungen und Halbwahrheiten bestehe, habe er kaum mehr dazu beigetragen, als es ohnehin schon gängige Praxis sei in diesen Kreisen.
Harris bekräftigte zudem, dass er auch bereit gewesen wäre, sich gegen Trump zu stellen und mit seinen Artikeln Hillary Clinton zu promoten, wenn diese Taktik lukrativer gewesen wäre. Allerdings stellten sich Trumps Anhänger als weitaus impulsiver heraus als die Befürworter Clintons, denn die Anhänger des republikanischen Kandidaten teilten die entsprechenden Artikel bereitwilliger.
Der amerikanische Politikwissenschaftler bekräftigte zwar seine republikanische Gesinnung, aber letztendlich ging es ihm nach eigener Aussage um die erwirtschafteten 20.000 US-Dollar. Diesen beachtlichen Betrag konnte er mit Google Ads auf seinen Webseiten erzielen. Google entzog ihm die Werbung jedoch schnell, nachdem man seine Machenschaften aufdeckte.
Harris machte einen kostspieligen Fehler: Er entschied sich zu warten. Einige Tage nach der Wahl kündigte Google an, keine Anzeigen mehr auf Fake-News-Seiten zu platzieren. Ein paar Tage später waren die Anzeigen auf Harris Domains verschwunden. Ein Gutachter teilte ihm dann nach einer Prüfung mit, dass seine Domains jetzt im Wesentlichen wertlos seien.
Aber es war noch nicht alles verloren. Harris hatte ein Pop-up auf der reaktivierten Expired Domain implementiert, das die Besucher dazu aufforderte, sich einem (fiktiven) „Stop the Steal“-Team anzuschließen. Die User sollten so herauszufinden, wie Clinton die Wahlen manipulieren und wie man sie stoppen könne. Auf diese Weise konnte Harris 24.000 E-Mail-Adressen sammeln. Was genau er damit anfangen wird, darüber ist er sich allerdings laut eigener Aussage noch nicht im Klaren.