Unicast: Gezielte Verbindung zwischen zwei Punkten
Die Netzwerktechnik kennt verschiedene Methoden, um eine Nachricht vom Adressaten zu dem oder den Empfängern zu bekommen. Während man bei einem Broadcast seine Daten an alle Teilnehmer eines Netzes richtet, hilft der Unicast bei einer gezielten Ansprache. Ähnlich funktioniert der Multicast, doch bei diesem geht die Nachricht gleich an mehrere spezifische Empfänger. Was versteht man genau unter einem Unicast und wie unterscheiden sich Unicast und Multicast voneinander?
Was ist Unicast?
Wenn Sie einen Telefonanruf tätigen, wählen Sie eine bestimmte Nummer, um mit einer spezifischen Person sprechen zu können. Es käme Ihnen nicht in den Sinn, den Namen des Adressaten in den Hörer zu sprechen mit der Hoffnung, von diesem eine Antwort zu erhalten. Dies unterscheidet auch den Broadcast, bei dem alle Netzteilnehmer die Nachricht erhalten, vom Unicast.
Letztere Verbindungsart stellt den Kontakt nur zwischen genau zwei Teilnehmern her. Dabei ist es nicht entscheidend, ob der Transfer in beide Richtungen funktioniert: Ob der Adressat selbst zu einem Sender wird, Daten also hin und her geschickt werden (bidirektional), oder es sich um eine Verbindung in nur eine Richtung (unidirektional) handelt, ist unerheblich. Solange man einen Informationsfluss zwischen nur zwei Netzteilnehmern hat, spricht man von einem Unicast.
Der größte Teil des Datenverkehres im Internet funktioniert über das Prinzip Unicast. Jedes Mal, wenn eine Website vom Nutzer aufgerufen wird, findet eine direkte Verbindung zwischen Client und Server statt. Auch der E-Mail-Versand funktioniert in der Regel per Unicast. Ein Beispiel ist auch der direkte Dateitransfer: Wenn Sie eine Datei herunterladen oder auf einen Server hochladen, geschieht dies per Unicast. Nur in bestimmten Szenarien – beispielsweise Streaming – finden andere Methoden wie etwa Multicast Verwendung.
Technischer Ablauf: IPv4, IPv6 & Unicast
Egal, um welche Form von Kommunikation es sich handelt: Wenn man einen konkreten Ansprechpartner erreichen möchte, muss man wissen, wie dieser anzusprechen ist. Name, Telefonnummer, Postadresse – alle helfen uns, unsere Informationen an den korrekten Empfänger zu richten. Auch in der Netzwerktechnik ist dies nicht anders. Hier helfen IP- und MAC-Adresse bei der Identifizierung der Empfänger.
Im OSI-Modell liegt der Unicast auf der Vermittlungsschicht (Layer 3) und ist damit ein Routingschema. Der Information, die verschickt werden soll (egal ob E-Mail, Datei oder einfache Website-Anfrage), wird ein Header hinzugefügt, in dem die Adressdaten untergebracht sind. Soweit handelt es sich um einen recht einfachen Vorgang: Im Header befindet sich die Adresse des Empfängers im Netzwerk. Das Paket wird genau in diese Richtung gesendet.
Allerdings findet die Kommunikation nicht immer nur innerhalb eines geschlossenen Netzwerks statt, wo der Router jeden Endpunkt direkt erreichen kann. Auch zwischen verschiedenen (Sub-)Netzen sind Unicasts möglich. Dafür setzt man auf IP-Routing-Technologie. Diese stellt sicher, dass jeder Knotenpunkt weiß, welchen Weg das Datenpaket einschlagen muss, damit es den rechtmäßigen Empfänger erreicht. Router (die Netzwerkknoten) verwenden dafür Routingtabellen. Um diese zu erstellen, werden vor allem die beiden Protokolle OSPF und RIPv2 eingesetzt.
Im Gegensatz zu den bislang noch üblichen IPv4-Adressen hat das neuere IPv6 für Unicast eine Besonderheit vorgesehen: Bestimmte Adressbereiche sind für die unterschiedlichen Kommunikationsarten reserviert. Multicast-Adressen befinden sich in einem anderen Adressbereich als Unicast-Adressen. Dabei unterscheidet man zudem verschiedene Arten von Unicast-Adressen, die durch ein Präfix am Anfang der Adresse dargestellt werden.
Link-Local-Unicast-Adressen
Link Local bezeichnet lokale, in sich geschlossene Netzwerke. Hierbei ist keine Weiterleitung durch einen Router in andere Netzwerke nötig; der Bereich fe80::/10 ist hierfür reserviert. Die ersten 10 Bits der Adresse sind für das Präfix vorgesehen. Es folgen 64 Bits, die alle auf 0 gestellt sind. Abgeschlossen wird die Adresse von einem 54-Bit langen Bereich. Darin befindet sich die Schnittstellen-ID, die den Client eindeutig im lokalen Netz identifiziert.
Auch unter IPv4 gibt es einen Adressbereich, der für Link Local Unicast reserviert ist: 169.254.0.0/16.
Unique Local Unicast
Im Gegensatz zu den Link-Local-Adressen kann ein Unique Local Unicast durch einen Router weitergeleitet werden. Dennoch sind diese Adressen intern (in einem festgelegten Netzwerkbereich; z. B. das Netzwerk eines großen Unternehmens) einmalig vergeben. Die Internet Engineering Task Force (IETF) hat hierfür den Bereich fc00::/7 vorgesehen. Derzeit ist allerdings nur der Teil fd00::/8 konkret für den Unique Local Unicast vergeben, über den Bereich fc00:/8 wurde noch nicht entschieden. Nach dem Präfix folgt ein 40-Bit-Teil, in dem eine zufällig zu generierende Site-ID steht. Das Ende bildet eine 16-Bit lange Subnet-ID.
Der Unique-Local-Unicast-Adressbereich entspricht in seinen Eigenschaften dem IPv4-Private-Adressbereich. Es handelt sich damit also um Adressen, die jeder Nutzer innerhalb seines Netzwerks vergeben darf, ohne dies durch eine außenstehende Organisation genehmigen zu lassen.
Global Unicast
Durch den Global Unicast ist es auch mit IPv6 möglich, Unicasts weltweit über das Internet zu versenden. Die Adressen sind global einmalig vergeben. So ist es möglich, jemanden ganz gezielt zu erreichen. Dies ist quasi der Standardfall einer IPv6-Adresse. Den ersten Teil der Adresse bezeichnet man als Standortpräfix oder öffentliche Topologie; er hängt vom Internetanbieter ab. Anschließend folgen Informationen zum Teilnetz und zum eigentlichen Client. Wie beim Subnetting darf auch hier der letzte Teil der Adresse (Schnittstellen-ID) innerhalb des Teilnetzes nur einmal vergeben werden. Nur so kann sichergestellt sein, dass ein Unicast auch tatsächlich das korrekte Ziel erreicht.
Ein Teil des Global-Unicast-Adressraums (0:0:0:0:0:ffff::/96) ist für die Umwandlung von IPv4 zu IPv6 (IPv4 mapped IPv6 addresses) gedacht. Hierbei enthalten die letzten 32 Bits der IPv6-Adresse die Informationen des älteren Formats. So ist es möglich, einen Unicast im alten System auch über das neue Protokoll zu erreichen.
Unicast vs. Multicast
Die beiden Kommunikationsarten Unicast und Multicast haben klare Ähnlichkeiten, vor allem wenn man sie dem Broadcast gegenüberstellt. Den Broadcast sendet man an eine hierfür reservierte Adresse. Alle Teilnehmer im Netz erkennen dies und können so auf das Datenpaket reagieren. Unicast und Multicast hingegen werden an spezifische Ziele gerichtet; die anderen Teilnehmer im Netz nehmen keine Notiz von den Daten bzw. reagieren auf diese nicht.
Unicast und Multicast unterscheiden sich ziemlich offensichtlich darin, dass man den Unicast nur an einen einzelnen Empfänger sendet, während man mit einem Multicast eine ganze Gruppe von Zielen adressieren kann. Dabei ist der Multicast aber nicht einfach nur eine Sammlung von einzelnen Unicasts. Stattdessen erfolgt der Versand über eine Multicast-Adresse. Diese veranlasst die Weiterleitung über einen Router oder Server an alle Mitglieder der Multicast-Gruppe. Diese Gruppe muss also bereits vor Datentransfer bestehen und kann nicht im Moment des Versendens durch den Quellknoten festgelegt werden.
Der Vorteil des Multicasts im Gegensatz zum Multiple Unicast – also dem Transfer an mehrere Unicast-Adressen – liegt im einmaligen Versand des Datenpakets. Nutzt man mehrere Unicasts, wird das Paket jedes Mal erneut ins Netz gesendet. Der Multicast verschickt das Paket nur einmal. Erst am Verteiler werden die Daten multipliziert – das spart Bandbreite. Deshalb sind vor allem beim Multimedia-Streaming Multicasts beliebt. Da eine große Gruppe von Clients genau die gleichen Daten verlangt, ist es sehr viel praktikabler, diese nur einmal zu senden. Würden die gleichen Daten zeitgleich an viele Empfänger per Unicast versendet, käme es zu Geschwindigkeitseinbußen.
Sollen vertrauliche Daten nur einen Empfänger erreichen, ist der Unicast die richtige Wahl. Website-Aufrufe und E-Mails werden so tagtäglich gesendet. Sollen aber mehrere Empfänger die gleichen Daten erhalten, ist ein Multicast effizienter.