Windows 10X: Das neue Betriebssystem für Dual-Display-Geräte
Das neue Betriebssystem Windows 10X soll Weichen für die Zukunft stellen. Dabei verfolgt Microsoft eine Doppelstrategie. Zum einen soll der Nachfolger von Windows 10 größere Marktanteile auf dem Sektor der Mobilgeräte sichern, der momentan noch von Google und Apple dominiert wird. Zum anderen möchte man einer neuen Gerätegeneration zum Durchbruch verhelfen. Dual-Display-Geräte – also mobile Geräte mit zwei Bildschirmen – sollen in Kombination mit Windows 10X die Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt mit neuen Anwendungs- und Bedienkonzepten maßgeblich beeinflussen.
Das ist Windows 10X
Windows 10X ist ein neues Betriebssystem für Mobilgeräte, das seit einiger Zeit vom US-Unternehmen Microsoft entwickelt wird. Das Betriebssystem (englisch: Operating System / OS) ist an die erworbene Hardware gebunden und wird nicht separat vertrieben. Spezielle Installationsmedien (z. B. DVD, USB-Stick) oder eine lauffähige Version von Windows 10X, die im Internet als Download zur Verfügung steht, soll es laut aktuellen Informationen nicht geben.
Im Segment der Mobilgeräte liegt der besondere Fokus der Entwicklung dabei auf einer neuen Gerätegeneration. Windows 10X soll vor allem die Bedienung von neuartigen Dual-Display-Geräten optimieren, neue Anwendungskonzepte etablieren und das Anwendungsspektrum beispielsweise von Smartphones, Laptops und Tablets erweitern. Dabei soll das neue OS nicht nur mit den aktuellen Chip-Architekturen (X64) von Intel und AMD zusammenarbeiten. Auch Arm-Prozessoren, die bei Mobiltelefonen, PDAs (Personal Digital Assistants), Routern sowie Mini-Computern (Raspberry Pi, Banana Pi) verwendet werden, sollen unterstützt werden. Ursprünglich war die Einführung von Windows 10X eng mit der Markteinführung eines neuen Surface-Tablets mit zwei Displays verknüpft. Diesen Plan hat Microsoft mittlerweile aufgegeben. Das hauseigene Surface Neo kommt nach aktuellen Informationen frühestens 2022.
Der Fokus von Windows 10X liegt auf mobilen Endgeräten mit zwe Bildschirmen
Windows 10X unterscheidet sich in einigen Punkten von Windows 10. Während der Vorläufer primär auf stationäre Desktop- PCs zugeschnitten ist, fokussiert Windows 10X in erster Linie mobile Endgeräte mit zwei Bildschirmen. Das Projekt ist ambitioniert, denn auf technischer und konzeptioneller Ebene müssen Soft- und Hardware teilweise auf eine neue Art und Weise eng zusammenarbeiten. Die Herausforderung besteht vor allem darin, den beiden Darstellungsvarianten eines Dual-Display-Geräts gerecht zu werden:
Im Split-Screen-Modus ermöglichen Dual-Display-Geräte eine Arbeitsteilung zwischen den Monitoren. Auf dem einen Bildschirm startet man z. B. ein Textprogramm, das andere Display stellt dann eine Touchscreen-Tastatur zur Texteingabe zur Verfügung. Eine Split-Screen-Darstellung über zwei Monitore eignet sich zudem optimal für das klassische Multitasking, das von der Vergrößerung der Arbeits- und Darstellungsfläche profitiert. So kann man mit einem Monitor via Browser im Netz surfen und sich auf dem anderen Bildschirm Notizen in einem Texteditor machen oder Textpassagen aus dem Internet dorthin kopieren.
Sie können sich diese Split-Screen-Geräte wie elektronische Bücher vorstellen, die auf den gegenüberlegenden Seiten unterschiedliche Inhalte präsentieren. Der wesentliche Unterschied zum traditionellen Buch ist dabei allerdings, dass Sie diese Ansichten produktiv und interaktiv nutzen können. Zudem können sich die Bildschirme bei entsprechender Software-Programmierung auch funktional ergänzen (wenn etwa ein Bildschirm ein Video abspielt und auf dem anderen Bildschirm Elemente zur Steuerung der Abspielsoftware zur Verfügung gestellt werden).
Der zweite Modus, den Windows 10X in Zusammenarbeit mit Apps und Hardware (z. B. Grafikprozessor) möglichst optimal umsetzen soll, ist ein Vollbildmodus über zwei Bildschirme hinweg. Durch die Nutzung zweier Bildschirme kann man beispielsweise die Darstellungsgröße von hochauflösenden Bildern oder Videospielen verdoppeln oder eine größere Arbeitsfläche auf Touchscreen-Basis zur Verfügung stellen.
Windows 10X muss als modular „denkendes“ Betriebssystem bei jedem Nutzungsszenario aus zwei Bildschirmen eine operative Einheit machen. Mal eher arbeitsteilig ansetzend, mal sollen die beiden Anzeigemodule möglichst „organisch“ zusammenarbeiten und eine bruchlose Arbeits-, Bedien- und Darstellungsoberfläche bilden.
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Die Entwicklung von Dual-Display-Systemen und -Konzepten, die die Möglichkeiten der neuen Gerätegeneration optimal nutzen, steht noch am Anfang. Microsoft hat aber bereits einige Neuerungen entwickelt, die einen Ausblick auf die Zukunft erlauben. Sie sind teils offiziell bestätigt und in einer bereits veröffentlichten Windows-10X-Emulation aus dem Windows Store enthalten, teils berufen sich zahlreiche Quellen bei der Vorstellung von neuen Windows 10X-Features aber auch auf noch inoffizielle Informationen aus Insiderkreisen. Als relativ sicher gelten folgende konkrete Neuerungen:
- Im Vergleich zum Vorläufer Windows 10 ist das neue Betriebssystem schlanker und schneller. Da es vor allem für Mobilgeräte konzipiert ist, steht bei der Usability eine möglichst intuitiv verständliche Touchscreen-Bedienung im Vordergrund. Klassische Windows 10-Elemente wie die Systemsteuerung, der Datei-Explorer sowie Fehlerdialoge und -symbole sind nicht mehr vorhanden.
- Mit einem neuen Startmenü, das der Hersteller als „Launcher“ bezeichnet, zielt Windows 10X speziell auf den Schwerpunkt Produktivität. So können User über das Menü nicht nur Anwendungen öffnen, sondern auch Suchanfragen starten. Suchen nach Dokumenten und den zuletzt genutzten Dateien sind möglich. Über die dynamisch aktualisierte und systemweite Suchleiste können Sie Internetrecherchen durchführen oder kürzlich besuchte Webseiten aufrufen. Vorgesehen ist des Weiteren eine Auflistung von Apps, die Nutzer nach Bedarf auch anpassen und durch gruppierende Ordner besser strukturieren können (z. B. ein Ordner für alle Musik-Apps).
- Im Vergleich zu Windows 10 ändert sich auch das Update-Verhalten. Das Aufspielen von Funktions-Updates soll durch eine überarbeitete Hintergrundinstallation erheblich beschleunigt werden. Ein echtes Plus für Mobilgeräte, die mit großen und langwierigen Downloads aus dem Internet Kosten verursachen können. Da das Herunterladen und Installieren von Aktualisierungen während des laufenden Betriebs erfolgen soll, entfällt zudem der bislang noch häufiger notwendige Neustart für die Finalisierung von Installationen.
- Eine weitere Neuerung ist eine überarbeitete adaptive Taskleiste, die optisch an die Bedienleiste von mobilen Apple-Geräten (das sogenannte Dock) erinnert. Sie sorgt für mehr Flexibilität, indem sie ihren Anzeigenmodus der Gerätenutzung anpasst. Wird etwa ein Dual-Display-Gerät hochkant gehalten, zeigt die Taskleiste ihre Icons zentriert an. Neu gestaltet wird in Windows 10X auch das Info-Center. Es macht wichtige Funktionen und Systemeinstellungen (z. B. Bluetooth, Netzwerk-, Interneteinstellungen, Rotationssperre, Energieoptionen) direkter und schneller zugänglich als der Vorgänger.
- Insgesamt wirkt die Bedienoberfläche im Vergleich zum Vorläufer reduzierter, konsistenter und übersichtlicher. Im Vordergrund stehen die konkreten Anwendungen des Nutzers, das Betriebssystem mit seinen unzähligen Bedienelementen und Systemeinstellungen tritt in den Hintergrund. Auf der aufräumten Oberfläche von Windows 10X gibt es auch mehr Platz für Benachrichtigungen von Betriebssystem-Prozessen und Apps. Mit der Reduktion auf das Wesentliche und dynamischen Anpassungen soll Windows 10X besser auf die unterschiedlichen Nutzungsszenarien von Mobil- und Zwei-Bildschirm-Geräten reagieren können.
- Eine von Microsoft offiziell angekündigte Neuerung ist die Wonder Bar, mit der in Zukunft das geplante hauseigene Surface Neo ausgestattet werden soll. Sie soll die Bedienung optimieren und zusätzliche Funktionen für gesteigerte Produktivität und Flexibilität bieten. Auf dem Dual-Display-Gerät finden Anwender die Wonder Bar als gesonderten Bildschirmbereich, der wie ein virtuelles Track- bzw. Touchpad bedient werden kann.
- Die Wonder Bar wird von einer Bildschirmtastatur ergänzt, die sich auf dem zweiten Display aufrufen lässt. Windows 10X erkennt automatisch die aktuelle Art der Verwendung und stellt dann über die Wonder Bar eigenständig die bestmögliche Eingabeoption zur Verfügung. Als Nutzer muss man also nicht mehr manuell zwischen gerade benötigten Komponenten wechseln. Microsoft stellt diese adaptiv und interaktiv konzipierte Bediensektion auch App-Entwicklern zur Verfügung und möchte dadurch nicht zuletzt die Entwicklung neuer Bedien- und Nutzungskonzepte anregen.
- Apps können den Platz eines Dual-Display-Gerätes besser nutzen, wenn sie beispielsweise Videos im Mini-Format oder spezielle Funktionen des User Interfaces (z. B. Steuerungselemente von Abspielsoftware) in die Wonder Bar verlagern. Die Eingabe von Emojis und Textvorschlägen soll ebenfalls möglich sein. Die Wonder Bar bietet zudem Raum für Stifteingaben. Wer etwa eine Steuererklärung machen möchte, kann die Windows Calculator-App dafür nutzen. Über einen Always-on-Top-Modus wird der Windows-Taschenrechner dauerhaft in der Wonder Bar platziert, während man beispielsweise mit einem PDF-Viewer diverse Dokumente nach den Einnahmen und Ausgaben des Jahres durchforstet. Die ermittelten Zahlen lassen sich dann direkt und ohne App-Wechsel im Calculator im Bereich der Wonder Bar eingeben.
Windows 10X release - Die Zukunft beginnt bald!
Keine Frage, mit den genannten Funktionen und Innovationen macht Windows 10X definitiv neugierig auf die Zukunft des mobilen Arbeitens und Lebens. Bleibt nur die Frage, wann mit dem Betriebssystem und der dazugehörigen neuen Gerätegeneration zu rechnen ist.
Den ursprünglichen Zeitplan hat Microsoft mittlerweile aufgegeben. Die zunächst favorisierte Kombination aus Surface Neo und Windows 10X wird höchstwahrscheinlich nicht vor 2022 auf den Markt kommen. Stattdessen priorisiert das US-Unternehmen derzeit eine schnelle Einführung von Windows 10X als Betriebssystem für herkömmliche kostengünstige Mobilgeräte mit einem Screen. Die Single-Display-Version soll nach aktuellen Informationen im nächsten Jahr (also 2021) flächendeckend und im Verbund mit neuer Single-Display-Hardware vertrieben werden. Die Hersteller von beispielsweise Laptops sollen schon dieses Jahr Vorabversionen etwa für Test- und Anpassungszwecke erhalten.
Offensichtlich möchte der in Redmond ansässige Software-Konzern den derzeitigen Digitalisierungsschub durch die weltweite Corona-Pandemie nutzen, um Windows 10X schneller bekannt zu machen und als echte Alternative für kostengünstige Mobilcomputer zu vermarkten. Dabei hat man zunächst vor allem Bildungseinrichtungen und den Business-Sektor im Blick. Windows 10X soll sich speziell im derzeit immer beliebter werdenden Homeoffice einen Namen machen und als abgespecktes Web-First-Betriebssystem etablieren, das verstärkt cloudbasierte Funktionen und Optionen nutzt. Als Hauptkonkurrent, dem man Marktanteile streitig machen möchte, wird hier vor allem Googles kostengünstiges Chromebook mit dem dazugehörigen Chrome OS genannt.
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Der Strategiewechsel ist auch eine Folge von technischen Problemen. Die ursprünglich geplante lokale Unterstützung von älteren 32-Bit-Programmen – auch Legacy-Win32-Apps oder Win32-Anwendungen genannt – lässt sich zumindest momentan noch nicht zufriedenstellend realisieren. Angedacht ist derzeit zwar eine cloudbasierte Lösung für das Streaming älterer Apps unter Windows 10X. Einige Experten bezweifeln allerdings, dass diese Lösung praktikabel ist und sich ohne größere Performance- und Leistungsverluste umsetzen lässt.
Ein weiterer Grund für den Kurswechsel könnte sein, dass noch nicht alle Hersteller von Anwendungsprogrammen bereit sind, sich auf die Dual-Display-Technik und die kostenintensive Entwicklung von neuen Anwendungs- und Bedienkonzepten einzulassen. Microsoft ist allerdings auf Dauer auf Drittanbieter von Windows 10X-Software angewiesen, um mit den umfangreichen App-Angeboten von Google und Apple mithalten zu können. Ob die Software-Hersteller die Kosten für Neuentwicklungen an die Verbraucher weitergeben werden, ist derzeit noch offen. Sollten spezielle Dual-Display-Lizenzen bei Kunden und Anwendern Extrakosten verursachen, wäre das für die Akzeptanz und eine schnelle Durchsetzung von Windows 10X sicherlich hinderlich.
Aufgrund dieser Probleme und Unwägbarkeiten soll das für 2021 angekündigte Windows 10X zunächst nur Webanwendungen und UWP-Apps aus dem hauseigenen Windows Store unterstützen. Damit verzichtet man zugunsten einer schnellen Markteinführung auf eine maximale Auswahl an Anwendungen. Viele angestammte Windows 10-Nutzer werden daher mit einem Umstieg sicherlich noch warten, wenn sie nicht auf liebgewonnene Programme verzichten wollen.
Die Abkürzung UWP steht für die Universal Windows Platform. Der Begriff bezeichnet eine Laufzeitumgebung für Apps, die unter Windows 10 ausgeführt werden können. Sie ermöglicht, dass Programme innerhalb der Windows-Welt plattform- und geräteunabhängig laufen und mit verhältnismäßig wenig Aufwand geschrieben werden können.
Damit Microsoft die Einführung von Windows 10X möglichst schnell und reibungslos abwickeln kann, werden in nächster Zeit voraussichtlich wohl weniger Funktionsupdates für Windows 10 veröffentlicht. Gleichzeitig soll Windows 10 von der forcierten Entwicklung des Nachfolgers profitieren, indem Windows 10X-Neuerungen (zum Beispiel Sicherheitstechnologien, Designelemente, Bedienkonzepte) auch in das beliebte Vorgängersystem integriert werden. Mittel- bis langfristig könnten beide Systeme zumindest in Teilen als zusammenhängendes Projekt betrachtet und entwickelt werden.