AV1: Die nächste Generation des Video-Codecs

AV1 ist als das neue Videoformat für das Web geplant und dient dem Zweck, das altbekannte und bewährte MPEG-Format abzulösen. Hinter dem AV1-Codec steht eine einzigartige Allianz aus Googles VP10, Mozillas Daala und Ciscos Thor, die einen leistungsstarken und lizenzkostenfreien Video-Codec herausgebracht haben.

Über die vergangenen Jahre hinweg waren die MPEG-Codecs wie MPEG1, MPEG2 sowie die MPEG4-Varianten ASP (DivX/XviD), AVC (H.264) und HEVC (H.265) im Web das Maß aller Dinge. Streaming-Anbieter setzen für ihre Inhalte in 4K beispielsweise bevorzugt auf HEVC. Aber auch bei DVDs, Blu-rays und im digitalen Fernsehen sind MPEG-Formate der Standard für hochkomprimierte Videodateien.

Dass die MPEG-Formate lange Zeit konkurrenzlos waren, ist aber nicht nur auf ihre technologische Überlegenheit zurückzuführen: Viele der Algorithmen sind patentrechtlich geschützt, was es Drittanbietern seit jeher schwermacht, einen vergleichbaren Codec auf den Markt zu bringen. Dieses Problem wirkt sich auch auf die kommerzielle Nutzung von HEVC aus: Streaming-Anbieter brauchen nicht nur eine Lizenz von MPEG, sondern auch von weiteren Partnern aus dem Lizenzpool bis hin zu einzelnen Patentinhabern. Diese Schwierigkeiten soll AV1 umschiffen und gleichzeitig die bisherigen Formate technisch übertrumpfen.

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Was ist der AV1-Codec?

AV1 ist ein offener Video-Codec, der Unternehmen und Einzelpersonen dabei helfen soll, hochwertige Videos effizient über das Web zu übertragen. Mozilla, Google und Cisco fördern das Projekt, um auf diesem Weg bestehende technologische und finanzielle Barrieren für User zu beseitigen. Ihr Ziel ist es, dass alle Nutzer Zugriff auf leistungsstarke Medienformate haben – und diese letztendlich für den Austausch und die Wiedergabe von Videodateien auf ihren offenen Web-Plattformen – wie dem Browser Firefox oder der Video-Plattform YouTube – verwenden.

Die Schöpfer des AV1-Codecs haben sich in der Alliance for Open Media (AOMedia) zusammengetan und entwickeln seit 2015 gemeinsam Codecs, Formate und Technologien für das öffentliche Web. AOMedia Video 1 oder kurz AV1 ist dabei das erste Projekt, dass der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird. Der offene, lizenzkostenfreie AV1-Codec wird zur Videokompression eingesetzt. Mit ihm kodierte Videodateien können wahlweise als MP4 oder MKV gespeichert werden. Innerhalb von WebM kann AV1 sogar gemeinsam mit dem Audioformat Opus genutzt werden, um HTML5 Videos einzubinden.

Warum ist AV1 wichtig?

Laut einer Cisco-Forschung machen Video-Inhalte heute 70 Prozent des Internet-Traffics aus. Bis 2021 wächst diese Zahl voraussichtlich auf über 80 Prozent an. Bei diesen Zahlen machen schon kleine Verbesserungen bei Dateigrößen, Bildqualität und Übertragungszeiten einen großen Unterschied für Videomacher und User aus. AV1 steht kostenlos zur gemeinsamen Verfügung und erlaubt dadurch auch kleinen Unternehmen und Privatpersonen den Markteintritt, die sich andernfalls die hohen Lizenzgebühren anderer Formate nicht leisten könnten.

Hinweis

Für das Komprimieren und Dekodieren von Videodateien mit dem älteren Standard AVC (H264) fallen Lizenzgebühren an. Bei großen Unternehmen, die zum Beispiel Streaming-Plattformen betreuen, betragen diese Lizenzgebühren mehrere Millionen Euro. Der neue HEVC (H.265)-Codec könnte aufgrund seiner vielen Patente sogar nochmal das zehnfache kosten.

Eine kurze Geschichte des AV1-Codecs

Das Problem der hohen Lizenzgebühren ist nicht neu. Schon vor sechs Jahren haben nahezu alle Big Player eigene Projekte gestartet, um tragfähige Alternativen zu den patentierten Video-Codecs zu schaffen: Google veröffentlichte VP9, Mozilla ihr Daala-Projekt und Cisco brachte mit Thor einen Codec heraus, der insbesondere für Videokonferenzen mit geringer Komplexität geeignet ist. Alle hatten ein Ziel: Den Video-Codec der nächsten Generation zu erschaffen, der den Austausch von Videos online schneller, einfacher und billiger machen sollte.

2015 wurden die Kräfte unter AOMedia gebündelt und Streaming- und Hardware-Größen wie Amazon, Netflix, Intel, AMD und NVIDIA mit ins Boot geholt. Das Ergebnis ist der AV1-Codec, der insbesondere auf Google VP9 basiert, aber in hohem Maße von den Tools und Technologien von Daala, Thor und VP10 profitiert. Bereits seit 2018 unterstützen mit Google Chrome und Mozilla Firefox zwei der weltweit am häufigsten genutzten Browser AV1.

Wie funktioniert der AV1-Codec?

AV1 ist ein Medien-Codec, also ein Computerprogramm, das digitale Video-, aber auch Foto- und Audiodateien codieren bzw. decodieren kann. Die Codierung ermöglicht es Anwendern, ihre Dateien für die effiziente Bearbeitung, Speicherung und Weitergabe zu komprimieren. Die Decodierung erlaubt es dann wiederum den Nutzern, die Inhalte zu öffnen bzw. wiederzugeben – in der Regel über eine App bzw. einen Player. Damit dieses Zusammenspiel funktioniert, müssen sich Codierungs- und Decodierungsprozess auf ein gemeinsames Format – in diesem Fall AV1 – stützen.

Ganz so einfach wie beschrieben ist das allerdings nicht: Das Zusammenspiel aus Medientyp, Anwendungsfall und Geräte-Hardware ist hochkomplex, weshalb Codecs ebenso hochspezialisiert sein müssen. Heute sind unzählige Codecs im Einsatz, die teils Open Source und kostenfrei, teils lizenz- und kostenpflichtig sind.

AV1 als neuer Standard

Unter dem Namen NetVC (Internet Video Codec) wird AV1 in naher Zukunft von der Internet Engineering Task Force (IETF) standardisiert. YouTube unterstützt den AV1-Codec natürlich bereits und bietet auch schon erste 8K-Streamings für kompatible Bildschirme an. Damit will die AOMedia die Effizienz ihres AV1-Codecs gegenüber den Konkurrenzformaten beweisen.

Über Videos hinaus

Die Alliance for Open Media stellt mit AVIF auch ein Bildformat bereit, das auf dem AV1-Video-Codec basiert. Langfristig gesehen hat dieses Bildformat einen vergleichbar hohen Marktanspruch und will nicht weniger, als das JPEG-Format ablösen. Die Dateiendung ist .avif (AV Image File), Bildsequenzen enden auf .avifs. Das neue Bildformat soll bei hohen Kompressionsraten eine hohe Bildqualität erzielen und unterstützt Animationen, die eine moderne Alternative zum veralteten GIF-Format darstellen.

AV1-Codec im Vergleich zu anderen Formaten

AOMedias AV1 unterscheidet sich in einigen Punkten vom Platzhirsch AVC, der bereits 2003 von der Moving Picture Experts Group (MPEG) eingeführt wurde. Das Ziel des AV1-Projektes ist es, die Vorherrschaft im Videoformat für das Web zu übernehmen. Qualitativ hochwertige Videos sollen frei und effizient im World Wide Web ausgetauscht werden können.

Die größten Vorteile von AV1 sind dabei folgende:

  • AV1 verwendet eine Komprimierungstechnologie, die fast doppelt so schnell ist.
  • Videos können in hoher Qualität schneller gestreamt werden.
  • AV1 hat keine Lizenzgebühren. Für das Codieren, Decodieren und Komprimieren von Videodateien fallen keine Kosten an.
  • Endverbraucher haben auch bei einer eingeschränkten Internetbandbreite ein qualitativ hochwertiges Video-Erlebnis.

AV1 hat eine sehr ambitionierte Leistungszielvorgabe: AOMedia strebt eine Effizienzsteigerung von 25 Prozent gegenüber HEVC an. In Sachen Komplexitätssteigerung sind derzeit noch überwiegend Software-Dekodierungen im Fokus, da die Hardware-Unterstützung noch auf sich warten lässt. Bei allen gängigen Webbrowsern kommt AV1 bereits gemeinsam mit dem Audioformat Opus in WebM-Container-Dateien zum Einsatz. Einzige Ausnahme ist hier der Browser Safari, der derzeit nur Opus unterstützt.

AV1-Unterstützung

Der AV1-Codec war zunächst in den Browsern Chrome und Firefox alltagstauglich, jetzt folgen die Browser von Microsoft und Apple. Aber hier hört die Liste der AV1-Unterstützer nicht auf, hier fängt sie erst an. Vertriebshändler von Medieninhalten wie Netflix, Amazon, Hulu, Apple und Google sind genauso Mitgliedsunternehmen von AOMedia wie auch Hardware-Anbieter wie Intel, AMD, ARM und Nvidia. Ein besonderes Augenmerk liegt auf YouTube: Der Video-Streaming-Dienst ist bereits seit 2017 Frühanwender und Testfeld für AV1. Seit 2018 steht der AV1-Codec auf Googlesource zur freien Verwendung zur Verfügung.

Hardware-Unterstützung

Eine Liste der Hardwareprodukte, die AV1 bereits unterstützen:

  • Das Unternehmen Allegro DVT hat eine Multiformat-Video-Encoder-Hardware vorgestellt, die AV1 unterstützt.
  • Samsungs Fernseher Q950TS unterstützt 8K-Streaming mit AV1.
  • LGs ZX-OLED-Serie kann dank AV1-Unterstützung ebenfalls 8K streamen.
  • Intels Grafikprozessor Intel Xe hat einen AV1-Hardware-Decoder.
  • Nvidias RTX 30-Serie unterstützt bis zu 8K, 10Bit und 60 FPS durch den AV1-Codec.

Software Unterstützung

Die Liste mit Software, die AV1 unterstützt, ist wesentlich länger. Hier eine Auswahl der prominentesten Beispiele:

  • Google Chrome
  • Mozilla Firefox
  • Microsoft Edge
  • Opera
  • Vivialdi
  • Pale Moon
  • VLC media player
  • Android 10

Wo wird der AV1-Codec eingesetzt?

AOMedia hat den AV1-Codec bereits im Juni 2018 veröffentlicht. Mittlerweile ist der Bitstrom stabil und steht jedem interessierten User auf einer lizenzfreien Basis zur Verfügung. Die Patentlizenz ist vollständig mit der W3C-Patentrichtlinie kompatibel, sodass die Lizenzierung von AV1 gebührenfrei ist. Alle Browser-Hersteller können den AV1-Codec als offenen Webstandard einsetzen.

Über Android TV lässt sich der AV1-Codec bereits bei kompatiblen Geräten einsetzen. Das sind unter anderem Fernsehgeräte mit Broadcom’s BCM72190 sowie 72180 und Realtek RTD1311 oder RTD1319.

Sobald sich 8K-Streaming etabliert hat, dürfte auch AV1 immer häufiger zum Einsatz kommen.

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