Was ist ein Brain-Computer-Interface (BCI)?

Brain-Computer-Interfaces ermöglichen eine direkte Kommunikation zwischen Gehirn und Computer. Dies funktioniert, indem sie neuronale Signale erfassen, interpretieren und in für Computer beziehungsweise Maschinen verständliche Befehle transformieren.

Was versteht man unter Brain-Computer-Interfaces?

Bei einem Brain-Computer-Interface (kurz BCI) handelt es sich um eine Schnittstelle zwischen dem menschlichen Gehirn und einem Computer, die eine direkte Informationsübertragung zwischen Mensch und Maschine ermöglicht. Die Neurotechnologie gestattet es, diese Verbindung ohne Aktivierung des peripheren Nervensystems herzustellen – also sprach- und bewegungsunabhängig.

Hinweis

Mitunter werden Mensch-Maschine-Schnittstellen auch als Brain-Machine-Interface, als Gehirn-Computer-Schnittstelle und manchmal auch als Rechner-Hirn- oder Hirn-Maschinen-Schnittstelle bezeichnet.

Brain-Computer-Schnittstellen basieren auf der Erkenntnis, dass die bloße Vorstellung einer Handlung genügt, um eine messbare Veränderung der elektrischen Aktivität des Gehirns hervorzurufen. Sich beispielsweise vorzustellen, einen Finger zu bewegen, zieht bereits eine Reaktion des motorischen Kortex nach sich, der willkürliche Bewegungen und Bewegungsabläufe plant und startet. Im Zuge eines Trainingsprozesses lernt das Brain-Computer-Interface, welche Gehirnaktivitäten mit welchen Gedanken beziehungsweise mentalen Befehlen verknüpft sind. Dies macht es möglich, die ausgelesenen Gehirnsignale als neurotechnologische Eingabesysteme zu verwenden. Aufgrund zahlreicher technologischer Herausforderungen geht die Entwicklung von BCIs jedoch mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand einher.

Wie funktioniert ein Brain-Computer-Interface?

Brain-Computer-Interfaces erfassen und analysieren die Gehirnaktivität, um diese in Steuerbefehle für Computer umzuwandeln. Die Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns erfolgt mithilfe von Elektroden. Im Anschluss verarbeiten spezielle Algorithmen die aufgenommenen Signale, um Muster zu erkennen, die mit bestimmten Gedanken und Vorstellungen korrelieren. In einem nächsten Schritt übersetzt das Brain-Computer-Interface diese Muster in für Maschinen verständliche Befehle. Für die Signalerkennung und -analyse nutzen Forschende aufgrund der komplexen Datenmengen Machine Learning und künstliche Intelligenz.

Nicht-invasive vs. invasive Brain-Computer-Interfaces

Vorgänge im Gehirn lassen sich sowohl mithilfe manuell applizier- und entfernbarer als auch mithilfe operativ eingesetzter BCIs aufzeichnen:

  • Nicht-invasive Brain-Computer-Interfaces erfassen die elektrische Aktivität des Gehirns mittels Elektroenzephalographie (EEG). Bei diesem Verfahren messen auf der Kopfhaut platzierte Elektroden die Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche. In der Regel handelt es sich bei entsprechenden Ausführungen um eine mit Sensoren ausgestattete Kappe. Mittels Magnetoenzephalographie (MEG) besteht alternativ auch die Möglichkeit, die magnetische Gehirnaktivität aufzuzeichnen. Diese Methode liefert ein dreidimensionales Bild unterschiedlicher Areale.
  • Invasive Brain-Computer-Interfaces nutzen direkt in das Gehirn implantierte Elektroden, um die elektrischen Impulse via EEG zu messen. Dieses Beobachtungsverfahren bietet die höchste Signalauflösung, birgt jedoch (noch) die Gefahr medizinischer Komplikationen wie neuronaler Schäden. Darüber hinaus gibt es auch teilinvasive Verfahren, bei denen die Elektroden auf der Großhirnrinde platziert werden, was als weniger risikoreich gilt.

Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand bei Brain-Computer-Interfaces?

Aufgrund intensiver Forschungsbemühungen erhöht sich die Qualität der ausgelesenen Gehirnsignale fortwährend. Das gilt insbesondere für implantierte BCI-Systeme, die eine hohe Übertragungsrate aufweisen und daher zunehmend Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten sowie Studien sind. Nicht-invasive Brain-Computer-Interfaces bieten hingegen nur eine sehr eingeschränkte Genauigkeit, da die Schädeldecke die Signale filtert. Obwohl das erste invasive BCI-System bereits 1998 in einen Menschen implantiert wurde, gibt es aufgrund der hohen Komplexität des Verfahrens auch mehr als 25 Jahre später weltweit nur rund 50 Personen mit einem BCI-Implantat.

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Aufgrund aktueller Fördermaßnahmen für die Grundlagenforschung im Bereich der Neurologie in den USA (BRAIN Initiative) und Europa (Human Brain Project) sind in den kommenden Jahren bei BCI-Technologien signifikante Fortschritte zu erwarten. Forschungsteams arbeiten aktuell beispielsweise an bidirektionalen Schnittstellen, die dazu in der Lage sind, Signale von außen in das Gehirn zu übermitteln. Darüber hinaus werden auch hinsichtlich der Interpretation der Gehirnaktivität kontinuierlich Fortschritte erzielt. Diese gehen nicht zuletzt auf moderne Analyseverfahren wie Neural Networks, Big Data und Deep Learning zurück, die große Datenmengen effizient verarbeiten.

Wer arbeitet an BCI-Technologien?

Im Jahr 2024 forschen und arbeiten sowohl zahlreiche staatliche Einrichtungen wie Hochschulen als auch Unternehmen aus der Privatwirtschaft an BCI-Verfahren. Im Jahr 2020 implantierten Forschende der Universität Zhejiang (China) einem querschnittsgelähmten Patienten ein Brain-Computer-Interface, mit dessen Hilfe er nun Roboterarme bewegt und Geräte per Gedanken steuert. Erst im Januar 2024 stellte ein Wissenschaftsteam des bekannten Massachusetts Institute of Technology (MIT) ein nicht-invasives Brain-Computer-Interface vor, mit dem sich der Roboterhund von Boston Dynamics steuern lässt.

Bei der Implantation von Brain-Computer-Interfaces gelten aktuell die Vereinigten Staaten und China als führend. In Deutschland fokussiert sich die Forschung auf nicht-invasive BCIs, da diese deutlich weniger Risiken mit sich bringen. Zu den bekanntesten BCI-Unternehmen zählen:

  • Neuralink entwickelt invasive Brain-Computer-Interfaces. Das BCI-Implantat des US-amerikanischen Unternehmens verfügt über mehr als 1.000 Elektroden, die an haarfeinen Drähten angebracht sind. Neben der besseren Behandlung schwerer Gehirnerkrankungen hat es Neuralink zum Ziel gesetzt, auf lange Sicht auch mentale Fähigkeiten zu erweitern.
  • Blackrock Neurotech hat seinen Hauptsitz in Utah und ist schon seit 2008 im Segment der Brain-Computer-Interfaces aktiv. Blackrock-Geräte gehören zu den am häufigsten eingesetzten BCI-Implantaten und werden bisher vor allem genutzt, um die Unabhängigkeit von Menschen mit schweren Lähmungen zu erhöhen.
  • BrainGate stellte im Jahr 2004 als erstes Unternehmen überhaupt einen für Menschen konzipierten implantierbaren BCI-Chip vor und gilt damit als wegbereitend. Die neuesten Implantate bestehen aus zwei oder mehr Einheiten mit bis zu hundert Elektroden pro Gerät und werden über der Hirnrinde eingesetzt.
  • Synchron hat ein minimalinvasives BCI entwickelt, das nicht direkt ins Gehirn implantiert wird, sondern in den Blutgefäßen im Kopf sitzt. Die Implantation erfolgt mithilfe eines winzigen Metallstents, über den das BCI in den Kopf eingeführt wird.

Aktuelle und zukünftige Anwendungsgebiete für BCI-Technologien

Bisher besteht die wichtigste Anwendung von BCIs in der Unterstützung von Personen mit erheblichen körperlichen Einschränkungen. Brain-Computer-Interfaces finden bereits Verwendung, um Menschen mit Behinderungen oder bestimmten Erkrankungen wie dem Locked-In-Syndrom in ihrer Mobilität, Kommunikation und Selbstständigkeit zu unterstützen. In der Medizin genutzte BCIs ermöglichen es zum Beispiel, einen Roboterarm zu bewegen, mithilfe einer Buchstabiermaschine zu kommunizieren oder Geräte per Gedankenkraft zu steuern. Allerdings befinden sich medizinische BCI-Verfahren momentan noch in der Prototyp-Phase. Im Unterhaltungs- und Wellnessbereich gibt es hingegen erste marktreife Produkte. Es sind beispielsweise bereits nicht-invasive BCI-Headsets erhältlich, die mithilfe von Biofeedback-Systemen Stress abbauen.

In der Zukunft sind verschiedene weitere Anwendungsszenarien denkbar. Brain-Computer-Interfaces werden möglicherweise die Entwicklung von Neuroprothesen vorantreiben, mit denen Menschen auch fühlen können oder die es gestatten, sich mit Robotern zu verbinden, um schwierige Aufgaben zu bewältigen. Bidirektionale BCIs würden die Möglichkeit eröffnen, direkt von Gehirn zu Gehirn zu kommunizieren, Gedanken auf Cloud Server zu laden und sich mit dem Internet zu verbinden. Ob sich entsprechende BCI-Technologien langfristig durchsetzen werden, hängt jedoch nicht nur vom technischen Fortschritt ab, sondern ebenso von der gesellschaftlichen Akzeptanz.

Brain-Computer-Interfaces: Chancen und Risiken?

Brain-Computer-Interfaces besitzen das Potenzial, zu disruptiven Entwicklungen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen zu führen. Das gilt nicht nur für medizinische Anwendungen, sondern zum Beispiel auch für Optimierungen auf der Arbeit, in der Schule oder im Alltag und für Bereiche wie Virtual Reality. Theoretisch lassen sich mithilfe von BCIs noch nicht gelernte Fähigkeiten und nie dagewesene Kapazitäten aktivieren – etwa das Erlernen einer Sprache durch den Download auf das Gehirn. Allerdings müssen bis dahin noch einige technologische Herausforderungen gemeistert werden.

Trotz dieser Vorteile bergen Brain-Computer-Interfaces natürlich auch erhebliche Risiken. So ermöglicht das Auslesen der Gehirnaktivität, hochsensible private Daten zu analysieren. Kritikerinnen und Kritiker mahnen daher an, dass sich BCIs dazu missbrauchen lassen, die Gedanken und das Verhalten von Personen zu beeinflussen. Zudem sind Brain-Computer-Interfaces technisch noch nicht ausgereift und daher fehleranfällig, was im schlimmsten Fall unerwünschte Folgen nach sich zieht. Um die Sicherheit der Nutzerinnen und Nutzer zu gewährleisten, müssen die ethischen, rechtlichen und sozialen Implikationen daher sorgfältig abgewogen werden.

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