Was ist Case-Based Reasoning?

Case-Based Reasoning (CBR) ist eine Methodik aus der künstlichen Intelligenz, die Probleme auf Grundlage vergangener Erfahrungen löst, um Herausforderungen effizient zu bewältigen. Dabei werden bewährte Lösungen in einem vierstufigen Prozess an die aktuelle Situation angepasst. Als klassische Anwendungsgebiete für CBR gelten unter anderem Help-Desk-Systeme und Ratgeber zur medizinischen Therapie.

Was bedeutet Case-Based Reasoning?

Case-Based Reasoning, zu Deutsch „fallbasiertes Schließen”, stellt ein maschinelles Lernverfahren im Bereich der künstlichen Intelligenz dar. Das Verfahren nutzt frühere Erfahrungen, um neue, aber ähnliche Problemsituationen zu lösen. Der Lernprozess basiert also auf Analogie. Die grundsätzliche Prämisse dieses erfahrungsbasierten Ansatzes besteht darin, dass sich ähnliche Probleme für gewöhnlich ähnlich lösen lassen. Anstatt jedes Problem von Grund auf neu zu analysieren, wird bei der Methodik auf eine Datenbank mit bereits erfolgreich gelösten Fällen (engl. cases) zurückgegriffen. Diese dienen als Referenz, um adäquate Lösungen für aktuelle Herausforderungen ausfindig zu machen.

Case-Based Reasoning bildet die Basis für eine neue Art des Machine Learning, bei der das Computersystem dazu in der Lage ist, sich an neue Situationen anzupassen. Seine Wurzeln hat der Problemlösungsansatz in Arbeiten des US-amerikanischen Kommunikationswissenschaftlers und Informatikers Roger Schank und Studierenden aus den 1980er-Jahren. Zur damaligen Zeit befasste sich das Forschungsteam mit dem episodischen Gedächtnis von Menschen. Dabei bemerkten die Forschenden, dass erfolgreiche Problemlösungen meist auf Erfahrungen mit ähnlichen Situationen beruhen.

Tipp

Im Guide „Deep Learning vs. Machine Learning” klären wir Sie darüber auf, worin sich die beiden Konzepte unterscheiden.

Wie funktioniert Case-Based Reasoning?

Case-Based Reasoning ist ein Prozess, der sich für gewöhnlich aus vier Schritten zusammensetzt:

  1. Abrufen (Retrieve): Das CBR-System sucht, ausgehend von der Problembeschreibung, in der Falldatenbank – auch als Fallbasis bezeichnet – nach Erfahrungen, die dem aktuellen Problem am meisten ähneln.
  2. Wiederverwenden (Reuse): Als Problemlösungsansatz wird zunächst die Lösung desjenigen Falls herangezogen, der die größte Ähnlichkeit zur Beschreibung des Problems aufweist. Der erste Ansatz dient als Ausgangspunkt für die Bearbeitung des neuen Problems.
  3. Überarbeiten (Revise): In dieser Phase wird die Ausgangslösung im neuen Kontext bewertet und gegebenenfalls mit den spezifischen Bedingungen in Einklang gebracht. Unter Umständen nimmt das System eine Korrektur beziehungsweise Feinjustierung vor.
  4. Beibehalten (Retain): Die neue Problemlösungsmethode wird für zukünftige Anfragen in die Fallbasis aufgenommen. Auf diese Weise entsteht ein inkrementeller Lernprozess, der dafür sorgt, dass die Leistungsfähigkeit des Prozesses mit jedem gelösten Fall ansteigt.
Das Schaubild verdeutlicht die Funktionsweise von Case-Based Reasoning.

Was sind die zentralen Anwendungsgebiete für CBR?

Da Case-Based Reasoning auf der intelligenten Wiederverwendung früherer Lösungen basiert, erweist sich die Methodik vor allem in Situationen als praktisch, in denen sich Muster erkennen lassen und ähnliche Herausforderungen wiederholt auftreten. CBR eignet sich aber auch für Probleme, die schlecht strukturiert sind und unvollständig beschrieben wurden oder wenn keine genauen Kenntnisse über die Wirkungszusammenhänge bestehen. Im Gegensatz zu anderen KI-Konzepten genügt für CBR-Systeme schon eine relativ niedrige Anzahl an Referenzfällen. Als typische Anwendungsgebiete gelten:

  • Medizinische Diagnostik: CBR wird verwendet, um anhand von Patientendaten frühere Diagnosefälle zu analysieren und mögliche Diagnosen beziehungsweise passende Therapieansätze für die aktuell zu behandelnden Personen zu identifizieren.
  • Fehlerbehebung technischer Systeme: In IT-Support-Systemen und bei der Wartung von Anlagen sowie Maschinen hilft Case-Based Reasoning, schnell Lösungen für Probleme zu finden. Eine umfangreiche Falldatenbank gestattet zudem die Früherkennung von Störungen, bevor ein größerer Schaden entsteht.
  • Kundenservice: CBR-Systeme finden ebenso Verwendung, um Supportanfragen zu beantworten, indem sie auf bereits erprobte Lösungen verweisen.
  • Produkt-Beratungssysteme: Im Bereich des E-Commerce kommt Case-Based Reasoning immer häufiger zum Einsatz, um Kaufinteressenten auf Basis vergangener Kundenpräferenzen für sie passende Produkte vorzuschlagen.

Darüber hinaus existieren zahlreiche weitere Einsatzgebiete. Finanzinstituten ist es zum Beispiel mithilfe von CBR möglich, Entscheidungen über Kreditgenehmigungen oder Risikobewertungen zu fällen und Anlagestrategien zu bewerten. Im juristischen Bereich ermöglichen CBR-Tools die Analyse früherer Gerichtsfälle, um Argumente für neue Fälle zu finden. Im Segment Transport und Logistik lässt sich Case-Based Reasoning für die Streckenführung und Ressourcenzuweisung nutzen.

Welche Rolle spielt CBR im Zusammenhang mit KI?

Im Bereich künstliche Intelligenz spielt Case-Based Reasoning eine wichtige Rolle, da es eine methodische Grundlage bietet, um menschähnliches Problemlösungsverhalten zu simulieren. Während andere KI-Techniken wie neuronale Netze auf der Verarbeitung großer Datenmengen basieren, nutzt CBR Erfahrungen in Form vergangener Cases, um neue Problemstellungen zu bewältigen. Case-Based Reasoning gestattet es zudem, KI-Systeme kontinuierlich zu verbessern und sie robuster sowie anpassungsfähiger zu gestalten. Schließlich erweitert das System mit jedem neuen Fall seine Wissensbasis.

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Was sind die Vor- und Nachteile von Case-Based Reasoning?

Das Lernverfahren Case-Based Reasoning bietet zahlreiche Vorteile. Zu den wichtigsten Vorzügen zählen:

  • Effizienz durch Wiederverwendung von Wissen: Frühere Cases als Vorlage zu nutzen, reduziert den Zeit- und Kostenaufwand, jedes Problem von Grund auf neu zu analysieren und führt oftmals zu effizienteren Lösungen.
  • Lernfähigkeit: CBR-Systeme verbessern ihre Problemlösungsfähigkeit mit der Zeit immer weiter, da sie aus neuen Fällen lernen und ihre Datenbank erweitern.
  • Hohe Flexibilität: Durch die Auswahl relevanter Fälle gelingt es Case-Based Reasoning, sich an unterschiedliche Situationen und Kontexte anzupassen. Dies ist auch der Grund dafür, weshalb sich CBR in zahlreichen Domänen einsetzen lässt.
  • Erklärbarkeit: Da Lösungen auf früheren Fällen basieren, ist es CBR auch möglich, transparente Erklärungen für bestimmte Lösungsansätze zu liefern. Dies erweist sich vor allem in Bereichen als praktisch, in denen der Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen hohe Bedeutung beikommt.
  • Intuitiver Ansatz: Da Case-Based Reasoning auf menschlichen Problemlösungsstrategien basiert, lässt sich leicht nachvollziehen, wie Lösungen zustande kommen.

CBR-Systeme weisen allerdings auch einige Nachteile auf:

  • Abhängigkeit von Datenqualität: Die Effizienz eines CBR-Systems hängt stark von der Qualität und Vollständigkeit der Fallbasis ab. Sind die gespeicherten Cases ungenau oder unvollständig, liefert das Verfahren möglicherweise suboptimale Lösungen.
  • Probleme mit Skalierbarkeit: Wenn die Größe der Fallbasis zunimmt, dauert es unter Umständen erheblich länger, Fälle abzurufen und anzupassen, was die Effizienz des Systems senkt.
  • Anpassung von Fällen mitunter schwierig: Das Anpassen früherer Cases an neue Probleme kann sich schwierig gestalten. Daher erfordert es ausgeklügelte Algorithmen, um zu gewährleisten, dass Anpassungen sowohl sinnvoll als auch effektiv sind.
  • Risiko der Veralterung: Lösungen, die in der Vergangenheit erfolgreich waren, verlieren wohlmöglich mit der Zeit an Relevanz, was insbesondere für schnelllebige Bereiche gilt. Dies führt schlimmstenfalls dazu, dass veraltete Lösungen vorgeschlagen werden.
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