Progressive Web-Apps: Was versprechen die progressiven Apps?
Die Progressive Web-App (PWA) ist das neueste Phänomen in der App-Landschaft. Eine PWA verknüpft Eigenschaften von Websites mit vielen Merkmalen nativer mobiler Apps. Dadurch soll die Anwendung losgelöst vom Betriebssystem gleichermaßen als Website und als App funktionieren.
Doch können progressive Web-Apps ernsthaft den etablierten nativen Apps Konkurrenz machen? Und was ist überhaupt das Progressive an diesen Apps bzw. was unterscheidet sie von klassischen Web-Apps? Wir geben Ihnen einen Überblick über die Funktionsweise von Progressive Web-Apps und erläutern die Unterschiede zu anderen App-Formaten. Außerdem erklären wir die Vorteile progressiver Web-Apps – weisen aber auch auf ihre Nachteile hin.
Was ist eine Progressive Web-App?
Der Begriff „Progressive Web-App“ bezeichnet eine neuartige Methode der App-Entwicklung, die vielversprechende Möglichkeiten mit sich bringt. Sie stellt eine Weiterentwicklung des schon länger existierenden Formats der Web-App dar. Für das neue App-Format zeichnet sich vor allem Google verantwortlich. Daher verwundert es nicht, dass PWAs bisher vor allem für die Nutzung mit dem hauseigenen Android-Betriebssystem ausgelegt sind – auf iOS-Geräten des Konkurrenten Apple laufen sie bisher meist nur mit Einschränkungen. Die Technologie befindet sich aber noch in einer frühen Phase und kann auch deshalb noch nicht ihr volles Potenzial entfalten. Allerdings ist schon jetzt absehbar, dass Google in ihre Weiterentwicklung investieren wird. Die weitere Optimierung von PWAs ist deshalb sehr wahrscheinlich.
Definition Progressive Web-App, Teil 1: Website und App in einem
Da sich PWAs noch mitten in der Entwicklung befinden, ist eine Begriffsklärung gegenwärtig nur in Ansätzen möglich. Dennoch kann das grundlegende Gerüst als gesetzt angesehen werden. Eine PWA ist über eine URL im Internet zugänglich und wird im Browser ausgeführt, wodurch sie grundsätzlich auf verschiedenen Betriebssystemen läuft. Außerdem ist sie dadurch unabhängig von einem App-Store verfügbar und benötigt keine Installation.
Im Unterschied zu einer herkömmlichen Web-App kann man eine Progressive Web-App aber auch offline ausführen. Dazu legt man auf dem Homescreen eines internetfähigen Geräts eine Verknüpfung mit der entsprechenden URL an. Damit lässt sich die App dann einfach aufrufen – auch wenn nur eine schwache oder gar keine Internetverbindung besteht (Voraussetzung dafür ist ein Offline-Cache im Browser). Die Anwendung präsentiert sich dann jedoch oft nicht wie eine Website, sondern vermittelt vielmehr den Eindruck einer nativen App. Dank ihres responsiven Designs passt sie sich an jegliche Displaygröße an.
Definition Progressive Web-App, Teil 2: PWA vs. Native App
Eine PWA kann man sich wie eine responsive Webanwendung vorstellen, die den Anschein einer nativen App erweckt. So kann die Applikation native Funktionen des verwendeten Geräts wie Kamera und Mikrofon, GPS-Ortung oder Push-Benachrichtigungen nutzen und in das Programm einbeziehen. Dabei prüft die Anwendung sowohl den genutzten Browser als auch das Gerät auf Kompatibilität. Auch das „Look and Feel“ einer PWA verhält sich auf einem Smartphone und Tablet ähnlich wie bei einer Native Mobile App (flüssige Verhaltensweise bei der Bedienung, gute Reaktionszeiten bei Wischbewegungen etc.).
Eine progressive Web-App online zu öffnen, hat allerdings den Vorteil, dass man stets auf die neueste Version zurückgreifen kann. Anders als bei einer Native App müssen sich die User also nicht um die Aktualisierung kümmern – sobald eine Anbindung an den Server der PWA besteht, wird die Applikation auf mögliche Updates überprüft.
Weitere Vorzüge gegenüber einer nativen App sind der geringere Arbeitsaufwand für die Entwicklung einer PWA (denn sie ist zugleich eine Website und eine auf verschiedenen Betriebssystemen laufende App) und die dadurch ebenfalls geringeren Kosten – und das bei einer für viele Szenarien ähnlich guten Reaktionszeit bei der Wiedergabe und Bedienung. Dabei benötigt eine PWA kaum Speicherplatz auf dem Endgerät (was allerdings auch von der Größe des Offline-Caches abhängt).
Einige der genannten Funktionen bieten jedoch auch bereits klassische Web-Apps sowie mit Einschränkungen auch responsive und mobile Websites. Was also ist neu an Progressive Web-Apps gegenüber klassischen Web-Apps?
Definition Progressive Web-App, Teil 3: PWA vs. traditionelle Web-App
Bereits klassische Web-Apps können browserbasiert (also ohne Installation) auf verschiedenen mobilen Betriebssystemen wie Android, iOS und Windows Phone laufen. Der Ansatz einer progressiven Web-App ist demnach keineswegs neu, präsentiert sich aber wesentlich ausgereifter als bei traditionellen Web-Apps: Der Funktionsumfang einer PWA passt sich an den Nutzungsrahmen an, was bedeutet, dass auch User, deren Geräte und/oder Browser nicht mit allen Features der Anwendung kompatibel sind, diese dennoch nutzen können (wenn auch nur in reduzierter Form).
Ein Beispiel: Eine Progressive Web-App, mit der sich Fotos auf eine Onlineplattform hochladen lassen, erlaubt die Nutzung einer Kamera. Hierdurch sollen die Nutzer direkt in der App Fotos erstellen und hochladen können. Allerdings unterstützen nicht alle Browser und Geräte diese Funktion auf technischer Ebene. Sobald man die Applikation in einem Browser startet, prüft sie deshalb, ob eine Kamera angeschlossen ist und diese von der PWA und vom Browser unterstützt wird. Sollte das nicht der Fall sein, lässt sich zwar das Kamera-Feature nicht nutzen, aber immerhin alle anderen kompatiblen Funktionen der Webanwendung. Wenn die Kompatibilität mit der Kamera nicht gegeben ist, könnte man also beispielsweise immer noch durch eine Upload-Funktion der Progressive Web-App eigene Smartphone-Aufnahmen in diese integrieren.
Progressiv sind die Apps somit in dem Sinne, dass sie in jedem Browser lauffähig sind, ihr Funktionsumfang sich jedoch an die eingesetzte Hardware und die Browserfunktionen anpasst. Die Features einer PWA wachsen also mit den Gegebenheiten des genutzten Browsers und Endgeräts.
Definition Progressive Web-App, Teil 4: PWA vs. Hybrid-App
Neben der Web-App gibt es mit der schon länger existierenden Hybrid-App ein weiteres Format, das einige Merkmale nativer Applikationen nachahmt und einige ihrer Defizite bewältigt. So kann man eine hybride App – ähnlich wie eine PWA – mit einem vergleichsweise geringen Arbeitsaufwand für verschiedene mobile Betriebssysteme entwickeln. Jedoch verfolgen Hybrid-Apps dabei einen anderen Ansatz: Sie werden per Installation in Android oder iOS integriert und imitieren so die Funktionsweise von nativen Apps – was Vor- und Nachteile hat. Neben der weniger aufwendigen Entwicklung bildet die Integration in das Betriebssystem einen wesentlichen Pluspunkt hybrider Apps. Sie profitieren dabei davon, dass sich durch die Installation mehr native Gerätefunktionen einbeziehen lassen als bei (progressiven) Web-Apps – allerdings immer noch weniger als bei nativen Apps. Doch die notwendige Installation birgt auch Nachteile. Hybrid-Apps lassen Sie sich nicht so einfach testen, wie es das Web-App-Format erlaubt. Zudem bleibt die Anwendung plattformabhängig – und selbst wenn hier die Entwicklung für ein einzelnes Betriebssystem schneller von der Hand geht als bei Native Apps, so bedeutet dies im Endeffekt dennoch deutlich mehr Programmieraufwand als bei einer Progressive Web-App. Denn bei der Entwicklung einer PWA müssen keine Modifikationen für Android und iOS vorgenommen werden – hier rückt stattdessen die Kompatibilität der Hardware und des Browsers in den Mittelpunkt.
Technische Hintergründe einer PWA
Eine PWA basiert ausschließlich auf offenen Webstandards und wird – wie eine konventionelle Web-App – prinzipiell in den Sprachen HTML, CSS und JavaScript geschrieben. Progressive Web-Apps sind äußerst flexibel und passen ihre Funktionen stets den jeweiligen Rahmenbedingungen an. Wozu genau eine PWA imstande ist, hängt dabei immer vom eingesetzten Browser und Gerät (und zum Teil auch vom Betriebssystem) ab. Doch welche Technologien kommen hier zum Einsatz?
Service Worker
Eine Neuheit der PWAs ist die Nutzung der Service Worker, einer Weiterentwicklung der Web Worker. Ein Service Worker wird als JavaScript im Hintergrund des Browsers ausgeführt (in Form eines von der Website losgelösten Threads). Beim ersten Aufruf der Applikation lädt der PWA-Server den Service Worker und versucht diesen zu installieren. Nach der erfolgreichen Installation ist der Service Worker bei jedem Neustart der App einsatzbereit und wird über jegliche Netzwerkabfrage auf der betreffenden Domain informiert. Dies funktioniert aber nur unter Nutzung von HTTPS, andernfalls bestünden erhebliche Sicherheitsrisiken. Der Service Worker und der dazugehörige Cache werden im verwendeten Browser gespeichert – sofern dieser die Funktion unterstützt (was derzeit bei Google Chrome, Mozilla Firefox und Opera der Fall ist). Das Besondere hierbei: Ein Service Worker ermöglicht die Nutzung einer PWA auch ohne Internetverbindung, da die Inhalte aus dem Cache geladen werden. Dieser Vorgang lässt sich massiv beschleunigen, indem man das App-Gerüst cacht und somit nur aktuelle Daten frisch heruntergeladen werden müssen.
Trennung von Application Shell und Inhalt
Bei der Realisierung von Progressive Web-Apps spielt neben den Service Workern die „Application Shell Architecture“, die auch bei Native Apps eingesetzt wird, eine wichtige Rolle. Durch diese unterscheidet die Anwendungssoftware zwischen der Application Shell (dem festgelegten Aufbau der Anwendung, kurz: App Shell) und dem Content/Inhalt. Die PWA-Benutzeroberfläche beruht dabei auf der App Shell, die zuerst geladen und dargestellt wird. Die hierin abgebildeten Inhalte verhalten sich dynamisch und werden aus dem Internet geladen.
Die App Shell wird nach dem ersten Aufruf der PWA im Cache des Service Workers gespeichert. Das Ablegen im Service-Worker-Cache hat den Vorteil, dass der Ladevorgang der App Shell weniger Zeit in Anspruch nimmt, wodurch sich letztlich die Performance der PWA steigert. Zusätzlich lassen sich die Inhalte der PWA im Cache bzw. via IndexedDB sichern. Hierfür müssen sie (genau wie die App Shell) bei einem vorherigen Zugriff auf die Progressive Web-App heruntergeladen werden. Es ist somit möglich, auch den bereits heruntergeladenen Content einer PWA offline abrufbar zu machen.
WebAPKs
Bei WebAPKs handelt es sich um Server, über die man eine im Browser aufgerufene progressive Web-App in das Dateiformat APK (Android Package) umwandeln kann. Damit lässt sich die PWA noch besser in das Betriebssystem eingliedern – zumindest auf Android-Geräten.
Eine im APK-Format verpackte PWA lässt sich so in den App Drawer (die Übersicht aller auf dem Gerät befindlicher Apps) integrieren und dadurch ähnlich wie eine native Android-App auf dem Gerät installieren. Damit kann die PWA noch mehr native Funktionen, Zugriffsrechte auf andere Anwendungen sowie Ressourcen des Geräts verwenden. Beispielsweise führt Android eine PWA nach der Installation als eigene Anwendung aus und nicht mehr als Tab in einem Browser.
Bisher unterstützen aber nur wenige Beta-Versionen von Android-Browsern die WebAPK-Funktion und die Konvertierung in das APK-Format ist noch sehr umständlich. In der momentanen Form ist die Installation von WebAPKs also noch nicht massenkompatibel. Eine zukünftige Verbreitung dieser Funktion auf alle gängigen Browsern ist aber realistisch. Doch schon jetzt – auch ohne die Installationsfunktion – überzeugen PWAs durch ihr großes Leistungsvermögen.
Status quo und Zukunft von PWAs
Generell waren der Fortschritt in der Browser-Technologie im Allgemeinen und die hiermit verbundene Implementierung der Service Worker im Speziellen ausschlaggebend dafür, dass die neuartigen Web-Apps überhaupt aufkommen konnten. Schon jetzt lassen sich mit den oben beschriebenen PWA-Technologien sehr unterschiedliche und eindrucksvolle Apps umsetzen – die aber nur mit Browsern, die Service Worker unterstützen, ihr volles Potenzial entfalten können. Viele Beispiele progressiver Web-Apps finden Sie im Google-PWA-Showcase und auf der Website pwa.rocks. Progressive Web-Apps sind gegenwärtig nicht in der Lage, Native Apps in allen Bereichen zu ersetzen – und so wird es auch in der Zukunft sein. Denn nativ für ein Betriebssystem entwickelte Applikation haben immer die meisten Möglichkeiten, um auf Endgeräte, Systemressourcen etc. zugreifen zu können. Jedoch benötigen die allermeisten Apps gar keine derart tiefe Einbeziehung der Soft- und Hardware. Insofern ist das PWA-Format für die meisten Anwendungen durchaus interessant. Viele Vorteile progressiver Web-Apps sind offensichtlich, weshalb sowohl App-Anbieter als auch Nutzer große Hoffnungen in das PWA-Format setzen. Unter dem Strich stehen der massenhaften Verbreitung und Herstellung von PWAs nur wenige, dafür aber gewichtige Faktoren im Weg.
Stärken und Schwächen von PWAs im Überblick
In der nachfolgenden Übersicht sind noch einmal die Vor- und Nachteile von Progressive Web-Apps gegenüber anderen App-Formaten zusammengefasst. Die Tabelle berücksichtigt die Aspekte der Programmierung ebenso wie die der Anwendung von PWAs.
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Die Programmierung von PWAs ist im Vergleich zu Native Mobile Apps weit weniger aufwendig und kostenintensiv. Zudem lässt sich mit einer PWA gleichzeitig ein traditioneller Webauftritt wie auch eine plattformunabhängige App realisieren. | Das PWA-Format sowie dessen Kompatibilität mit (mobilen) Browsern und Betriebssystemen befinden sich noch in der Entwicklung. Bislang ist unklar, welche weiteren nativen Gerätefunktionen zukünftig unterstützt werden können. |
PWAs sind sofort über einen Browser verfügbar – sie müssen nicht im klassischen Sinne heruntergeladen und anschließend installiert werden. Das hat zusätzlich den Vorteil, dass man PWAs unverbindlich ausprobieren kann. Über WebAPKs lassen sie sich auch installieren, um sie tiefer in das Betriebssystem zu integrieren. | Nicht alle Browser und Betriebssysteme unterstützen PWAs im vollen Umfang. Viel hängt noch davon ab, ob iOS-Geräte diese Technik unterstützen werden. WebAPKs stellen zudem eine experimentelle Technik mit ungewisser Zukunft dar. |
PWAs können schon jetzt vereinzelt auf native Funktionen mobiler Endgeräte zugreifen (Push-Nachrichten, Geolokalisierung, Kamera, Mikrofon, sensorische Erfassung von Lage und Bewegung des Geräts). | Die Nutzung aller nativen Gerätefunktionen ist nicht möglich (es fehlt etwa der Zugriff auf Kontakte, Kalender, Bluetooth oder NFC). Selbst wenn es durch eine bessere Browser-Unterstützung bald möglich sein sollte, PWAs tiefer in das Betriebssystem zu integrieren – sie werden nie native Funktionen in der Form einbeziehen können wie Native Apps. |
Kein Download von Updates notwendig – die App wird beim Aufrufen automatisch aktualisiert, solange man online ist. Allerdings können PWAs grundsätzlich auch ohne Internetverbindung genutzt werden. | Es ist ungewiss, ob sich PWAs auf dem Markt durchsetzen werden. Allerdings stehen die Chancen nicht schlecht, da mit Google einer der einflussreichsten Software- und Internetkonzerne der Welt für das App-Format verantwortlich zeichnet. Zudem handelt es sich bei dem Format um eine offene Webtechnologie, die viele einflussreiche Fürsprecher hat. |
PWAs benötigen kaum Speicherplatz und weniger Ressourcen als Native Mobile Apps, können aber eine ähnlich gute Performance abrufen. | Keine klassische Integration im App Drawer des Geräts möglich. |
PWAs können über Suchmaschinen gefunden und im Web verlinkt werden. Sie sind unabhängig vom abgeschlossenen Ökosystem eines App-Stores. | Keine Positionierung im App-Store möglich. |
Die oben beschriebenen Merkmale stellen den Status quo des Leistungsvermögens von Progressive Web-Apps dar – zumindest in Bezug auf die Möglichkeiten, die einem die neuesten Versionen gängiger Browser wie Google Chrome, Mozilla Firefox und Opera zurzeit bieten. Für eine künftig flächendeckendere Unterstützung des PWA-Formats gibt es bereits einige positive Zeichen: So arbeitet Microsoft an der Integration von Service Workern im Edge-Browser. Allein Apple hält sich noch bedeckt, was die aktive Unterstützung des PWA-Formats angeht – Apples Safari-Browser unterstützt PWAs nur in relativ geringem Maß. Über Safari lassen sich PWAs beispielsweise noch nicht offline verwenden. Außerdem hat man bisher keine Chance, eine PWA in den App Drawer von iOS-Geräten zu integrieren.
Können sich PWAs gegenüber nativen Apps durchsetzen?
Neue App-Formate hatten es in der Vergangenheit schwer: Sowohl die herkömmlichen Web-Apps als auch Hybrid-Apps haben es nicht geschafft, eine ähnliche starke Verbreitung auf mobilen Endgeräten zu erlangen, wie es den Native Apps gelungen ist. Progressive Web-Apps hingegen könnten dies dank ihrer ausgeklügelten technischen Grundlage und der großen Unterstützung von vielen Seiten erstmals schaffen. Die größte Frage bleibt im Moment, ob sich Apple dem PWA-Format mehr öffnen wird. Dies würde progressive Web-Apps wahrscheinlich in kürzester Zeit zu einem ernst zu nehmenden Kontrahenten für native Apps machen.
Apple hat aber gute Gründe, sich weiterhin auf das native App-Format zu konzentrieren und PWAs in seinen Betriebssystemen Steine in den Weg zu legen. Immerhin hat Apple mit seinem App-Store eine große Einnahmequelle und bindet darüber viele Nutzer an seine Dienste. Auch die über die nativen Apps und den App-Store erhobenen Daten spielen hier eine Rolle. Wenn Apple PWAs in einem solchen Maß unterstützen würde, dass sich viele Anwendungen auf iOS und macOS auch als Progressive Web-App anstatt als native App umsetzen ließen, wären die Apple-Entwickler und -User nicht mehr vom App-Store abhängig. Diese Kopplung an den eigenen Store würde Apple – wenn überhaupt – wohl nur dann aufgeben, wenn PWAs in der Nutzung und Verbreitung Native Apps übertreffen sollten.
Allerdings scheint der Markt für Progressive Web-Apps auch ohne eine volle Unterstützung von Apple groß genug und rentabel zu sein. Für den Erfolg des Formats müssten gängige Browser es dennoch besser unterstützen. Es ist davon auszugehen, dass bei der Weiterentwicklung des Chrome-Browsers eine bessere Vereinbarkeit mit PWAs sowie eine einfachere PWA-Integration für Android in Planung sind. Neben Google sind aber u. a. auch Mozilla und Opera Verfechter des PWA-Formats – die teils schon vorhandene Kompatibilität ihrer Browser mit PWAs wird demnach noch stärker in den Fokus rücken. Die Befürworter von progressiven Web-Apps sind zumeist Akteure aus der Internet- und Software-Industrie, die von einer offenen Computer- und Informationstechnologie profitieren.
Zusammenfassung: Sind Progressive Web-Apps die Apps der Zukunft?
Die Bezeichnung „Progressive Web-App“ ist nicht nur ein Modewort oder ein Marketing-Begriff – mit PWAs betreten die App-Entwickler technisches Neuland. Die Weiterentwicklung der „normalen“ Web-Apps trägt ein durchaus revolutionäres Potenzial in sich: Progressiv sind die Apps deshalb, weil sie sich an die Fähigkeiten der Anwendungsumgebung angleichen – je mehr Leistung das Endgerät und der verwendete Browser mit sich bringen, umso mehr Möglichkeiten kann eine PWA abrufen.
Öffnen Sie eine PWA auf einem Desktop-PC oder Notebook, verhält sie sich wie eine gewöhnliche Webanwendung. Rufen Sie sie aber mit einem Smartphone oder Tablet auf, erhalten Sie eine Webanwendung, die wie eine Native App auftritt. Abhängig von der Ausstattung Ihres mobilen Geräts ist es dann möglich, dass die Applikation native Gerätefunktionen nutzt (wie etwa Kamera, Mikrofon, Push-Benachrichtigungen oder GPS).
Die Vorteile progressiver Web-Apps sind offensichtlich und vielversprechend: Sie benötigen weder Download noch Installation, werden bei jedem Aufruf automatisch aktualisiert, sparen Geräteressourcen und brauchen nicht zwingend eine Internetverbindung. Die Plattformunabhängigkeit ermöglicht es Ihnen außerdem, eine PWA erst einmal online zu testen, bevor Sie sie tiefer in ihr Gerät eingliedern. Darüber hinaus bildet die Reaktionszeit der Anwendung einen wichtigen Faktor: Bislang boten native Apps meist das bessere „Look and Feel“, doch auch in diesem Bereich sind PWAs inzwischen in der Lage, Ähnliches zu leisten.
Der geringere Aufwand und Preis in der Herstellung (man braucht nur eine Anwendung zu programmieren, die sowohl als Website wie auch als App für alle Plattformen fungiert) bilden auf Entwicklerseite einen großen Pluspunkt. Die Beschaffenheit einer PWA spielt insofern App-Anbietern wie auch Usern in die Karten. Gleichwohl hapert es noch an der Unterstützung aller nativen Funktionen mobiler Endgeräte: Auf funktioneller Ebene treten sie erst dann in einen ernsthaften Wettbewerb mit Native Apps, wenn Progressive Web-Apps die Möglichkeiten eines Geräts in annähernd gleicher Weise nutzen können (auch wenn sie wohl nie mit den Nutzungsmöglichkeiten nativer Apps mithalten werden können).
Wesentlich problematischer ist die fehlende Bereitschaft von Apple, das App-Format zu unterstützen. Die Browser der meisten Anbieter (Google, Mozilla, Microsoft, Opera) werden viel daran setzen, dass eine bestmögliche Kompatibilität des offenen PWA-Formats schnell Einzug in ihre Produkte findet. Apple hingegen hat grundsätzlich weit weniger Interesse daran, da das Unternehmen erheblich vom isolierten App-System der iOS- und macOS-Plattformen und den daran angeschlossenen App-Store profitiert.
Die Zukunft wird zeigen, ob Progressive Web-Apps wirklich mit Native Apps konkurrieren können – die Chancen hierfür stehen dank der namhaften Unterstützer denkbar gut. Ob es jemals eine volle Kompatibilität des PWA-Formats in den Betriebssystemen und dem Browser von Apple geben wird, ist jedoch fraglich. Doch falls das PWA-Format in Zukunft mehr Aufmerksamkeit und Zuspruch von Entwicklern und Nutzern erhält, dürfte auch Apples Zurückhaltung gegenüber dem progressiven App-Format mehr und mehr schwinden. Denn in der Regel kann es sich kein Global Player leisten, sich einer richtungsweisenden und erfolgreichen Technologie komplett zu verschließen.