Adblocker: Ihre Auswirkung auf Webdesign und Webentwicklung

Als der Däne Henrik Aasted Sörensen 2002 noch als Student Adblock entwickelte, ahnte er wohl kaum, wie stark seine Browser-Erweiterung für den damaligen Firefox-Vorgänger Phoenix später Web und Werbebranche beeinflussen würde. Das Konzept und die Möglichkeiten des Add-ons wurden von Beginn an positiv von der Internetgemeinde aufgenommen und im Laufe der Jahre perfektioniert. Blendete Sörensens Werbefilter lediglich nutzerdefinierte Anzeigen aus, blockieren heutige Programme bekannte Formate automatisch, noch bevor diese geladen werden – sehr zum Leidwesen der Entwickler und Betreiber von Webprojekten und Werbeanzeigen, die mit den Filter-Add-ons zu kämpfen haben.

Während die Auswirkungen und Verluste für die Werbebranche offensichtlich sind, ist der Adblocker-Einfluss auf Webdesign und -entwicklung auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen. Doch zum einen ist Werbung ein elementarer Bestandteil vieler Webauftritte und somit eine wichtige Einnahmequelle der Betreiber. Zum anderen sind die Werbeblocker oft weit mehr, als ihr Name vermuten lässt: Das Funktionsprinzip der Add-ons kann nämlich auch dafür sorgen, dass ganz gewöhnliche Elemente von Websites und Applikationen blockiert bzw. nicht korrekt angezeigt werden – selbst dann, wenn gar keine Werbung eingebunden ist. Das Wissen über die möglichen Adblocker-Auswirkungen ist für Entwickler und Designer von Webprojekten folglich selbst dann nützlich, wenn sie gar keine Werbung schalten.

So funktionieren die modernen Adblocker

Die aktuellen Adblocker arbeiten mittlerweile automatisch, ohne dass Sie dazu selbst Einstellungen vornehmen müssen, wie es noch bei dem ersten Add-on von Sörensen der Fall war. Denn die Browser-Erweiterungen greifen auf vordefinierte Listen mit Filterregeln zurück, die bekannte Werbenetzwerke oder typische URLs und Ausdrücke wie zum Beispiel adserv, ads u. ä. enthalten und von den Entwicklern in Zusammenarbeit mit den Nutzern ständig aktualisiert werden. Daher zeichnen sich die Adblocker durch hohe Flexibilität aus und können von Werbetreibenden nicht durch ein schlichtes Abweichen von Standardmustern umgangen werden. Besuchen Nutzer mit eingeschaltetem Adblocker eine Website, werden alle Inhalte auf Basis der definierten Regeln untersucht und die zutreffenden Ergebnisse entweder direkt blockiert, noch bevor sie geladen worden sind, oder innerhalb des angezeigten HTML-Dokumentes versteckt. Um das gesammelte Regelwerk zu erweitern, können User zusätzlich eigene Filterregeln erstellen. Außerdem können Whitelists – auch Ausnahmelisten genannt – dazu genutzt werden, die Blockierung bestimmter Inhalte und Webpräsenzen aufzuheben. Zu den meistgenutzten Werbefilter-Add-ons gehören Adblock Plus und Ghostery, die vor allem von Usern der Browser Firefox und Google Chrome verwendet werden. Die Installation funktioniert schnell und problemlos über die Add-on-Verwaltung. Adblocker sind von den resoluteren Skriptblockern zu unterscheiden, die grundsätzlich alle aktiven Webinhalte wie JavaScript-, Flash- oder Microsoft-Silverlight-Elemente deaktivieren. Selbige zielen allerdings weniger darauf ab, Werbeinhalte herauszufiltern, sondern dienen der allgemeinen Sicherheit des Webnutzers, da die aktiven Elemente besonders häufig von Sicherheitslücken betroffen sind. Zu den meistgenutzten Skriptblockern zählen NoScript für Firefox und ScriptSafe für Google Chrome.

Die Folgen der Adblocker-Nutzung für Werbende

Unternehmen, die Online-Werbeplätze kaufen, sind sicherlich am stärksten von den Folgen der Werbefilter betroffen. Unabhängig davon, ob sie Werbefläche auf einer Website, auf sozialen Plattformen oder in den Suchmaschinen-Ergebnissen mieten: Durch Werbefilter wird der Erfolg der Werbemaßnahmen deutlich reduziert. Da der Einsatz der Browser-Add-ons aber jedem bekannt sein sollte, ist davon auszugehen, dass dies bei der Planung von Werbe- und Marketingmaßnahmen durchaus einkalkuliert ist. Zudem zeigte sich in der jüngsten Vergangenheit, dass auch in Sachen Adblocking Geld eine Universallösung darstellt: So überwies Google 2014 angeblich eine ungewisse Summe an die für AdBlock Plus verantwortliche Eyeo GmbH, um im Rahmen der Acceptable Ads Initiative alle AdWords-Anzeigen auf die Whitelist zu setzen. Dieses Geschäftsmodell steht allerdings in der Kritik und ist im Juni 2016 offiziell vom OLG Köln als unzulässige Praktik nach §4a Abs. 1 S.1 des UWG eingestuft worden. Wesentlich härter trifft die Blockierung von Werbeanzeigen die Betreiber solcher Webprojekte, die ausschließlich durch die Schaltung von Werbung finanziert werden. Das betrifft vor allem den journalistischen Bereich und damit einen großen Teil der Online-Nachrichtenportale – im kleineren Rahmen aber auch zahlreiche Selbstständige wie zum Beispiel Blogger. Längst sind einige Blogger daher auf alternative Einnahmequellen umgestiegen und setzen auf Spenden oder gar auf kostenpflichtigen Content.

Werbefreie Seiten: Adblocker-Auswirkungen auf Webdesign und Webentwicklung

Als Verantwortlicher eines Webprojektes müssen Sie regelmäßig überprüfen, auf welche Art und Weise Nutzer mit Ihrer Website, Ihrem Shop oder Ihrer Anwendung interagieren. Nur so können Sie den Erfolg Ihres Angebotes messen und steigern. Genaugenommen sollte die Nutzererfahrung bereits bei der Konzeptionierung und Entwicklung des Auftritts eine übergeordnete Rolle in Ihren Überlegungen spielen, um einen optimalen Start zu gewährleisten. Wenn im späteren Verlauf bestimmte Elemente nicht wie gewünscht funktionieren, spricht dies in der Regel dafür, dass sie falsch eingesetzt oder vom User nicht entsprechend wahrgenommen werden. Ein möglicher Grund, der oft vergessen oder unterschätzt wird, ist der Einsatz besagter Adblocker.

Aufgrund der Filterungsregeln und der Tatsache, dass Werbeinhalte gewöhnlichen Inhalten immer ähnlicher werden, blockieren die Filter-Add-ons zunehmend auch werbefreien Content. Vor allem im E-Commerce ist dies ein ernstzunehmendes Problem, da auch Produktbeschreibungen und Call-to-Actions (Handlungsaufforderungen) von der fälschlicherweise stattfindenden Ausblendung betroffen sein können. Insofern der Nutzer vom Adblocker nicht informiert wird, dass bzw. welche Inhalte blockiert wurden, oder den ausgelieferten Bericht nicht studiert, bemerkt er diesen Umstand nicht einmal. Als Konsequenz wird er weder den Artikel zu sehen bekommen noch einen Link öffnen. Eine ähnliche Problematik resultiert im Übrigen aus der sogenannten Banner Blindness.

Einige Adblocker haben zudem Auswirkungen auf die Nutzung von Webanalyse-Tools, da sie den Trackingcode (zum Beispiel von Google Analytics) erkennen und die Ausführung des Skripts verhindern. So schützen sie einerseits die Privatsphäre der User und erschweren andererseits die Auswertung und Analyse von Traffic, Conversions und Co. Des Weiteren haben Adblocker indirekt auch Einfluss auf SEO-Maßnahmen, da die Werbeanzeigen in Suchmaschinen ebenfalls von der Filterung betroffen sein können. Da sowohl Sidebar-Werbung als auch die auf den Top-Positionen der Suchergebnisse präsentierten Anzeigen von einigen Usern nicht gesehen werden, bieten die Suchmaschinenoptimierung Ihres Projektes und damit verbunden eine gute Platzierung in den natürlichen Suchergebnissen eine gute Chance, werbepräsente Konkurrenten auszustechen.

So meistern Sie die Adblocker-Herausforderungen hinsichtlich Webentwicklung und Webdesign

Bevor Adblocker den Erfolg Ihres Webprojektes gefährden, sollten Sie sich darum kümmern, Ihren Onlineauftritt auf die modernen Adblocker abzustimmen. In Deutschland haben Sie ansonsten eher schlechte Karten mit Ihrem Projekt: Laut einer Studie des Reuters Institute for the Study of Journalism nutzt rund jeder vierte Deutsche einen Werbeblocker. Der höchste Anteil an Adblock-Usern befindet sich jedoch in Polen mit 38%, dicht gefolgt von Griechenland mit 36% sowie der Türkei und Frankreich mit jeweils rund 30%. Ist Ihr Webprojekt auf eines dieser Ländern ausgerichtet, sollte dieser Faktor unbedingt berücksichtigt werden.

Klicken Sie hier, um die Infografik zur Verbreitung von Adblockern herunterzuladen.

Lösungsansätze für Webprojekte ohne integrierte Werbung

Um nicht fälschlicherweise auf die Listen der Filter-Add-ons zu geraten, gibt es im Prinzip eine allgemeingültige, wenn auch zeitintensive Methode: Heben Sie Ihren Content explizit von den üblichen Anzeigetypen und -formaten ab. Dabei können Sie sowohl

  • technisch, zum Beispiel durch die Vermeidung von Pop-up-Elementen,
  • als auch optisch durch eine klare Abgrenzung zu Werbebannern

den Adblockern deutlich machen, dass es sich nicht um Werbung handelt. Um gleichzeitig auch dem Phänomen der Banner-Blindheit entgegenzuwirken, sollten Sie außerdem werbetypische Bereiche Ihrer Website niemals mit wichtigen Navigations- oder Inhaltselementen versehen. An dieser Stelle sind vor allem die rechte Sidebar und die Kopfzeile zu nennen, die nachgewiesenermaßen selbst ohne das Wirken eines Werbefilters eher sporadisch wahrgenommen werden. Anschließend sollten Sie in regelmäßigen Abständen die Funktionalität Ihrer Webpräsenz testen. Hierbei unterscheidet sich die Vorgehensweise nicht von den typischen A/B- oder Multivarianten-Tests. Sie berücksichtigen bei den Testverfahren zur Verifizierung der Funktionsweise Ihres Webprojektes, die typischerweise auf eine Untersuchung verschiedener Bildschirmgrößen, Auflösungen, Geräte und Webbrowser abzielen, zusätzlich einfach auch die Auswirkungen der meistverwendeten Adblocker. Bezüglich der Webanalyse-Problematik gibt es ebenfalls einen einfachen Lösungsweg. Für WordPress-Projekte gibt es beispielsweise Tools wie BlockAlyzer, die Aufschluss darüber geben, wie viele Ihrer Nutzer einen Adblocker verwendet haben. Das Ergebnis können Sie in die allgemeine Statistik einfließen lassen, um ein Gesamtbild über die tatsächliche Conversion-Rate zu erhalten.

Lösungsansätze für Onlineprojekte mit Werbung

Auch wenn es für Werbende keine Patentlösung gegen Adblocker gibt, so kann man dennoch aus verschiedenen Möglichkeiten wählen, um auf die Browser-Erweiterungen zu reagieren. Ein Großteil der denkbaren Lösungswege setzt allerdings voraus, dass User, die einen Werbeblocker verwenden, auch als solche erkannt werden. Das ist allerdings durchaus machbar. Über ein entsprechend programmiertes und im HTML-Dokument eingebautes JavaScript-Programm lässt sich feststellen, ob ein Adblocker genutzt wird, sodass direkt die gewünschte Reaktion initiiert werden. Dabei sind folgende Szenarien denkbar:

  • Hinweis bzw. Warnmeldung: Der eingebaute JavaScript-Code registriert, dass der Besucher einen Adblocker eingeschaltet hat und präsentiert ihm aus diesem Grund eine Hinweisnachricht. In dieser können Sie mit eigenen Worten erklären, warum es wichtig ist, dass der Nutzer seinen Werbeblocker ausschaltet.
  • Blockierung des Nutzers: Eine Option, die Sie gut überdenken sollten, ist die, Usern den Zugriff auf Ihr Webprojekt zu verwehren, wenn selbige einen Adblocker eingeschaltet haben. Ein solches Skript können Sie – passend zu Ihrem Webprojekt – auf Antiblock.org erstellen, testen und kostenfrei in Ihr HTML-Dokument implementieren. Da Sie dem User nach dem Wegklicken der Aufforderung keinerlei weiteren Input geben können, ist diese Methode allerdings auch riskant. Alternativ wäre daher eine abgeschwächte Variante überlegenswert, bei der der Zugriff nur beschränkt wird und beispielsweise bestimmte Inhalte oder Qualitätsstufen (z. B. bei Filmen) gesperrt bleiben.
  • Alternativen zum Ausschalten des Adblockers bieten: Sie müssen den Besucher nicht unbedingt dazu bringen, den Werbeblocker auszuschalten. Denn dass die Filter eingeschaltet sind, ist häufig auch auf den schlechten Ruf der Werbeanzeigen als Sicherheitsrisiko zurückzuführen. Viele Nutzer würden daher auch nach einer automatisiert ausgespielten Aufforderung, dass sie ihren Adblocker ausschalten sollen, eher auf eine andere Webseite wechseln, statt ihren Werbefilter auszuschalten. Alternativ können Sie daher die Freigabe Ihres Webprojektes an eine andere Bedingung knüpfen. Dabei kann es sich zum Beispiel um einen einfachen Gefallen handeln, wie beispielsweise das Teilen Ihrer Seite bei Twitter oder Facebook. Aber auch das bereits erwähnte Modell kostenpflichtiger Inhalte kann für besucherstarke Projekte eine Überlegung wert sein.

Als Alternative zu den oben genannten Maßnahmen können Sie auch auf einige Tricks zurückgreifen, damit Ihre Werbung von den Browser-Add-ons nicht als solche registriert wird. So kann es beispielsweise schon ausreichen, bestimmte Keywords wie „Werbung“, „Anzeige“ oder „Banner“ in der URL der Werbe-Elemente zu vermeiden. Hier lohnt sich in jedem Fall ein regelmäßiger Blick in die Filterlisten der bekannten Adblocker. In der EasyList Germany sehen Sie zum Beispiel alle von Adblock Plus geblockten URL-Bestandteile. Auch die Größe der Werbeanzeigen ist ein entscheidender Faktor. Da Werbebanner meist Standardgrößen haben, die auch den Machern der Werbeblocker bekannt sind, enthalten die Erweiterungen entsprechende Funktionen, um Ihre Anzeigen beispielsweise bereits anhand der Pixelzahlen zu erkennen. Kleine Veränderungen der Maße – unter Beachtung der Urheberrechte – können daher schon ausreichen, um der automatischen Blockierung zu entgehen. Ähnlich wie auffällige Keywords sollte auch die Pixelzahl nicht in der URL auftauchen. Eine weitere Möglichkeit ist das Aufsetzen eines eigenen Ad-Servers, um nicht auf externe Werbenetzwerke angewiesen zu sein, die den Herstellern der Werbeblocker in der Regel bekannt sind.

Fazit: Adblocker als Bestandteil des Onlinemarktes akzeptieren

Klagen und Gerichtsverfahren gegen Adblocker-Hersteller sind keine Seltenheit. Doch bisher konnten mit Ausnahme von kleineren Triumphen wie dem erwähnten Urteil, dass finanziell regulierbare Whitelists gesetzeswidrig sind, noch keine ernstzunehmenden Erfolge erzielt werden. Die Werbefilter als festen Bestandteil des Onlinegeschehens anzuerkennen und mit entsprechenden Gegenmaßnahmen zu reagieren, ist daher ein wichtiger Schritt für den Erfolg Ihres Webprojektes. Natürlich können Sie Ihre Website und sämtliche Werbeanzeigen möglichst so gestalten, dass Adblocker nicht anspringen. Aber einerseits ist damit ein sehr hoher Aufwand verbunden und andererseits steht Ihnen die sehr große Community des jeweiligen Filter-Add-ons gegenüber, die mit vereinten Kräften täglich neue Filterregeln erzeugt. Der elegantere Weg besteht darin, alternative Werbeformate oder Verdienstmodelle zu finden, die Usern die wenig geschätzten Banner und Pop-ups ersparen, Ihnen aber dennoch die gewünschten Einkünfte bescheren. Die Idee eingeschränkter oder kostenpflichtiger Zugänge fließt dabei ebenso in die Überlegung vieler Website-Betreiber ein wie Native Advertising - also die Nutzung von Werbung, die wie redaktioneller oder nutzergenerierter Content gestaltet ist. Konzentrieren Sie sich auf starke Inhalte und sind bei der Adblocker-Thematik kreativ, dann werden Ihre Besucher schnell dazu bereit sein, das genutzte Add-on auszuschalten bzw. auf Ihren Alternativ-Vorschlag einzugehen.

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