Die OHG: Freiheit und Risiko für Kaufleute
Sie wollen sich gemeinsam selbstständig machen? Gründen Sie ein Handelsgewerbe mit mindestens einer weiteren Person, ist die offene Handelsgesellschaft (kurz: OHG) ein schneller Weg zum eigenen Unternehmen. Denn die OHG benötigt kein Stammkapital wie etwa eine GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung). Lediglich die erforderlichen Anmeldungen beim Gewerbeamt, im Handelsregister, beim Finanzamt und der IHK führen zu Ausgaben bei der Gründung.
Auch im täglichen Geschäft bietet diese Personengesellschaft einige Vorteile. Die Gesellschafter sind in den meisten Fällen in der Geschäftsleitung tätig und verfügen auch allein über die volle Entscheidungsvollmacht. Nicht zuletzt hat die OHG mehr Ansehen im Geschäftsverkehr als die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), da sie im Handelsregister eingetragen ist.
Entwicklung der offenen Handelsgesellschaft
Die Geschichte der offenen Handelsgesellschaft (OHG) geht bis ins 19. Jahrhundert zurück: Sie ist im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt, das bereits 1900 erstmals in Kraft trat und in weiten Teilen auf das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch (ADHGB) aus dem Jahr 1861 zurückgeht. Dessen Rechtsnormen orientierten sich wiederum am französischen Code de commerce von 1807. Dort wurde eine Société en nom collectif geregelt, die der OHG als Vorbild diente.
Größere Änderungen an den Bestimmungen zur OHG gab es erst wieder 1976, als Regelungen eingeführt wurden, um auch juristische Personen als Gesellschafter haften zu lassen. Kapitalgesellschaften hatten bis dahin häufig den Umstand genutzt, dass sie als Gesellschafter im Fall eines Konkurses nicht haften mussten. Weitere größere Eingriffe gab es 1998: Im Zuge einer großflächigen Überarbeitung des HGB regelte der Gesetzgeber auch die Anwendungsbereiche der offenen Handelsgesellschaft neu und änderte Bestimmungen über das Ausscheiden von Gesellschaftern und die anschließende Fortführung des Unternehmens.
Was ist eine OHG?
Die offene Handelsgesellschaft ist eine Personengesellschaft, also ein Unternehmen, das von mindestens zwei juristischen und/oder natürlichen Personen gegründet und betrieben wird, die mit Ihrem vollen Vermögen haften. Sie ist gewissermaßen eine komplexere Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Wie es auch im Gesetz heißt, folgen die Regelungen für die OHG, soweit im Handelsgesetzbuch nicht anders geregelt, denen der GbR (§ 105 Abs. 3 HGB). Tatsächlich kann ein gewerbliches Unternehmen, das als GbR anfängt, später in eine OHG übergehen, wenn sein Geschäftsumfang über ein bestimmtes Maß hinauswächst.
Die OHG, ausgeschrieben „offene Handelsgesellschaft“, ist ein Handelsgewerbe mit mindestens zwei Gesellschaftern, die die Gesellschaft unter einer gemeinsamen Firmenbezeichnung (juristisch: „Firma“) führen. Die OHG ist eine im Handelsregister eingetragene Personengesellschaft mit persönlich haftenden Gesellschaftern. Die Geschäftsleitung gestaltet Ihre Strukturen frei.
Eine OHG hat den Status eines Kaufmanns gemäß HGB. Dies erfordert eine kaufmännische Buchführung („ordnungsgemäße“ doppelte Buchführung, Bilanzierung). Eine Gesellschaft dieser Art ist keine juristische Person, hat jedoch bestimmte Rechte und Pflichten. So kann sie Eigentum erwerben und vor Gericht auftreten. Außerdem ist sie eingeschränkt steuerpflichtig. Im deutschen Rechtsraum gehört die OHG zu einer Reihe verschiedener Personengesellschaften:
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
- Offene Handelsgesellschaft (OHG)
- Kommanditgesellschaft (KG)
- Partnerschaftsgesellschaft
- Stille Gesellschaft
- Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV)
- Seehandelsgesellschaften (Baureederei und Partnerreederei – bald obsolet)
Handelsgesellschaften gemäß HGB sind dabei OHG, KG und die EWIV.
Für die Abgrenzung zwischen GbR und OHG nennt die Abgabenordnung zwei feste Kriterien: 60.000 Euro Jahresgewinn oder 600.000 Euro Jahresumsatz (§ 141 AO). Daneben wurden in der Rechtsprechung weitere Merkmale genannt, die das Finanzamt für die Beurteilung heranziehen kann, ob für ein Unternehmen nicht doch Buchführungspflicht besteht, d. h. ob es nicht als GbR, sondern als OHG eingestuft wird. Dazu zählen beispielsweise:
- die Fähigkeit des Unternehmens, zu Spitzenzeiten Aufträge mit erheblichem Umfang auszuführen
- eine überregionale Tätigkeit
- mehr als nur einzelne Angestellte
- in Anspruch genommene Kredite in erheblicher Höhe
Maßgebend soll dabei stets das Gesamtbild sein. In der Praxis gibt es u. U. eine Ermessensprüfung in dieser Sache. Idealerweise holen Sie sich bei der zuständigen IHK oder HWK Rat zu Ihrer Rechtsform.
Für wen eignet sich die Gründung einer OHG?
Als Personengesellschaft erfordert eine OHG keine strengen Vorbedingungen für ihre Gründung. Insbesondere benötigt sie, anders als etwa eine GmbH, kein Stammkapital. Allerdings brauchen Sie für die geforderte ordnungsgemäße Buchhaltung kaufmännische Fähigkeiten, die Sie allerdings auch bei einer Steuerberatung beziehen können (siehe hierzu auch die Kosten einer Steuerberatung). Insgesamt sind die Einstiegshürden vergleichsweise niedrig, und das eröffnet auch weniger begüterten Gründern einen Weg in die Selbstständigkeit.
Alle Gesellschafter einer OHG können angemessene Geschäftsentscheidungen jeweils allein treffen (soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht). Das erfordert naturgemäß Vertrauen zwischen den Partnern, trotzdem sollten Sie die Kompetenzverteilung im Unternehmen im Voraus planen und festlegen. Nach geltender Rechtsmeinung dürfen jedoch nur Gesellschafter die Geschäftsführung übernehmen. Einen externen Geschäftsführer zu engagieren ist nicht erlaubt (Pflicht zur sogenannten Selbstorganschaft).
Steckbrief der OHG
- Rechtsform: Personengesellschaft
- Grundlage: Handelsgesetzbuch §§ 105–160, Bürgerliches Gesetzbuch §§ 705 ff., Gewerbeordnung
- Gesellschafter: mindestens zwei Personen (natürlich oder auch juristisch)
- Leitung: Einzelhandlungsfreiheit und Pflicht zur Selbstorganschaft; daneben ist die freie Gestaltung der Geschäftsführung, z. B. mit Prokura, möglich.
- Vertretung: durch Nichtgesellschafter, insbesondere Prokuristen möglich
- Gesellschaftsvertrag: formfrei, bedarf keiner Schriftform (ist jedoch zu empfehlen)
- Gegenstand: Handelsgewerbe gemäß HGB
- Firma (Firmenbezeichnung): Personennamen, Sachnamen und Fantasienamen sind möglich. Der Name muss unterscheidbar und nicht irreführend sein. „OHG“ oder „offene Handelsgesellschaft“ ist als Namenszusatz Pflicht.
- Sitz: Deutschland
- Kaufmann laut HGB: ja
- Handelsregistereintrag: vorgeschrieben (Abteilung A)
- Buchführung: ordnungsgemäße Buchführung mit Inventur und Bilanz
- Offenlegungspflicht: nein (außer bei sehr hohem Umsatz)
- Stammkapital erforderlich: nein
- Juristische Person: nein
- Rechtsfähigkeit: ja
- Beschäftigte: sollten nicht weniger als fünf sein, sonst lohnt eher eine GbR
- Haftung: in vollem Umfang durch die Gesellschafter, sowohl mit Geschäfts- als auch Privatvermögen
- Steuerpflicht: Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, ggf. Lohnsteuer, Gesellschafter zahlen individuell Einkommensteuer
- Kosten bei der Gründung: etwa 250 bis 300 Euro
Was braucht man für die Gründung einer OHG?
Wer eine OHG gründet, muss lediglich einen formlosen Gesellschaftsvertrag mit seinen Partnern abschließen. Das kann mündlich, schriftlich oder sogar stillschweigend erfolgen. Es reicht also bereits aus, wenn die Beteiligten in Übereinkunft agieren. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag wird jedoch dringend empfohlen, damit die wesentlichen Angelegenheiten für den späteren Geschäftsbetrieb klar und eindeutig geregelt sind.
Das gehört in den Gesellschaftsvertrag
Im Gesellschaftsvertrag sollte man zuerst den Zweck der OHG und die Namen der Gesellschafter festhalten. Der offizielle Sitz des Unternehmens gehört ebenso hinein. Per Gesetz haben alle Gesellschafter die gleichen Rechte und Pflichten. Je nach Beteiligung an den Einlagen, seien es Sachleistungen, Geld oder Arbeitsleistung, kann sich aber beispielsweise der Anteil an Gewinnen oder Verlusten bemessen.
Die Gesellschafter können, aber müssen nicht alle in der Geschäftsleitung sitzen. Es ist ebenso möglich, durch eine Prokura vertreten zu werden. Auch die Entscheidungsgewalt über die Aufnahme von Krediten oder die Verwendung des Gesellschaftsvermögens bedarf einer Regelung. Außerordentliche Verträge mit hohen Leistungssummen bedürfen einer vorherigen Absprache.
Auch über das Ende der OHG sollte man sich von Anfang an Gedanken machen. Beispielsweise begrenzt man das Geschäftsverhältnis auf eine bestimmte Zeit. Treten Gesellschafter vorzeitig aus, sollten Abfindungen geregelt sein. Noch wichtiger für das Unternehmen ist die Frage, in welcher Form sie weiter besteht, wenn ein Gesellschafter austritt. Ein Wettbewerbsverbot ist bereits im Gesetz enthalten (§§ 112, 113 HGB). Es kann aber nicht schaden, diesen Punkt noch genauer zu klären, insbesondere für ausgeschiedene Gesellschafter.
Das Wettbewerbsverbot untersagt Gesellschaftern sowohl die eigene Gründung als auch die Beteiligung an konkurrierenden Unternehmen im gleichen Handelszweig, wenn sie bereits zu einer Gesellschaft gehören. Erlauben es die Geschäftspartner im Gesellschaftsvertrag, kann die Regelung umgangen werden.
Einige Umstände verlangen eine formelle Ausarbeitung des Gesellschaftsvertrags. Dieser Fall ist gegeben, wenn bei der Unternehmensgründung Vorgänge angestoßen werden, die einer besonderen Form bedürfen. Soll beispielsweise eine Immobilie als Einlage dienen, muss sie auf das Unternehmen umgeschrieben werden. Dann muss auch der Gesellschaftsvertrag, der diesen Punkt enthält, schriftlich und notariell beglaubigt vorliegen.
Startkapital und Meldepflichten
Es gibt kein Minimum für das Startkapital, wenn Sie eine OHG gründen. Ganz ohne Vermögen funktioniert die Gründung in der Praxis natürlich nicht. Sie benötigen genügend Mittel, um Ihr Geschäft aufzubauen und die Zeit bis zu den ersten Erträgen zu überbrücken. Sämtliches Unternehmenseigentum (Sachwerte sowie Kapitaleinlagen) gehört letztlich allen Gesellschaftern gemeinsam. Man nennt dies auch Gesamthandsvermögen.
Wer eine OHG gründet, benötigt für das kaufmännische Unternehmen einen Firmennamen, unter dem es ins Handelsregister eingetragen wird. Sie können diesen Namen weitgehend frei wählen. Sowohl Personennamen (Name der Betreiber) als auch Sachnamen, die sich auf die Tätigkeit des Unternehmens beziehen und frei erfundene Fantasienamen sind möglich. Der Zusatz „OHG“ (auch: „oHG“ oder „offene Handelsgesellschaft“) gehört als Kennzeichen dazu. Erlaubt sind beispielsweise „Özdemir und Schmitt OHG“ als Personenfirma oder „Spindel der Klotho oHG“ als Fantasiefirma für ein Textilunternehmen.
Spätestens mit einem Eintrag ins Handelsregister gründen Sie Ihr Unternehmen mit Wirkung nach außen. Zugleich schützen Sie damit Ihren Firmennamen. Diese Angaben gehören laut Gesetz ins Handelsregister (§ 106 Abs. 2 HGB):
- Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort jedes Gesellschafters
- „Firma“ (Name) der Gesellschaft
- Firmensitz und inländische Geschäftsanschrift
- Vertretungsmacht der Gesellschafter
Die „Firma“ ist im Rechtsverkehr der Name, unter dem ein Unternehmen im Handelsregister eingetragen ist.
Zusätzlich zum Handelsregistereintrag müssen Sie Ihr Gewerbe anmelden und das Unternehmen mithilfe eines Fragebogens beim Finanzamt melden. Je nach Geschäft werden Sie außerdem verpflichtend Mitglied bei der örtlichen Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer. Sicherheitshalber sollten Sie sich auch bei einer gewerblichen Berufsgenossenschaft anmelden. Beschäftigt das Unternehmen Angestellte, muss es sich bei der Arbeitsagentur vorstellen, um eine Betriebsnummer zu erhalten.
Die Geschäftsleitung
Bei einer offenen Handelsgesellschaft leiten alle Gesellschafter automatisch das Unternehmen, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag bestimmt einen oder mehrere Personen für die Geschäftsleitung. Dann sind alle anderen Gesellschafter davon ausgeschlossen.
Bei der OHG gilt das Prinzip der Einzelgeschäftsführung. Demnach darf jedes Mitglied der Geschäftsführung im täglichen Geschäft eigenmächtig handeln und das Unternehmen nach außen vertreten. Widerspricht jedoch ein anderes Mitglied der Geschäftsleitung, kommt das betreffende Geschäft nicht zustande. Auch diese Einzelgeschäftsführung können Sie im Gesellschaftsvertrag abändern – beispielsweise so, dass die Geschäftsführer Verträge immer gemeinsam abschließen müssen.
Ein gemeinsamer Beschluss aller Gesellschafter ist laut HGB bei außergewöhnlichen Geschäften gefordert. Dazu zählt auch die Berufung eines Prokuristen (§ 116 Abs. 2, 3 HGB). Anschließend ist diese Prokura im Handelsregister einzutragen. Egal, wie viele Prokuristen es gibt – die Pflicht zur Selbstorganschaft besagt, dass immer mindestens ein Gesellschafter zur Geschäftsleitung gehören muss.
Buchführung, Steuern und Gewinnverteilung
Eine OHG erfordert als kaufmännischer Betrieb eine ordnungsgemäße Buchführung (§§ 238 ff. HGB), d. h. doppelte Buchführung sowie regelmäßige Inventuren und Bilanzen mit anschließenden Jahresabschlüssen. Die Bücher sind mindestens zehn Jahre lang aufzubewahren. Wer eine gewerbliche GbR mit hohen Umsätzen betreibt, sollte nicht versäumen zu prüfen, ob nicht ein Übergang zu einer OHG mit Eintrag ins Handelsregister erforderlich wird. Denn spätestens wenn die dazu laut Abgabenordnung geltenden Kriterien gegeben sind (§ 141 AO), geht das Unternehmen gewissermaßen automatisch in die Regelungen der offenen Handelsgesellschaft über. Dann beginnt auch die Buchführungspflicht.
Da alle Gesellschafter in der Verantwortung für die OHG stehen, sind sie auch bei den für die Gesellschaft anfallenden Steuern und sonstigen Abgaben gemeinsam Schuldner. Das betrifft zunächst die Umsatzsteuer und ggf. die Gewerbesteuer. Gibt es Angestellte im Unternehmen, muss die Firma außerdem Lohnsteuern und Sozialabgaben für sie abführen. Eine besondere Vergütung der Geschäftsführer ist steuerlich für die OHG nur insoweit relevant, als sie die zu versteuernden Einkünfte aller Gesellschafter mindert. Denn jeder Gesellschafter muss dafür getrennt Einkommensteuer zahlen, sofern es sich um dabei eine natürliche Person handelt. Juristische Personen zahlen die günstigere Körperschaftsteuer. Beide Steuerarten bemessen sich gemäß dem Gewinn der Gesellschaft.
Kleine offene Handelsgesellschaften mit geringem Ertrag zahlen eventuell keine Gewerbesteuer. Denn dafür gibt es einen Steuerfreibetrag von 24.500 Euro. Erst bei Erträgen darüber hinaus fällt die Steuer an, die mit dem Hebesatz der örtlichen Gemeinde und der Steuermesszahl von 3,5 Prozent berechnet wird.
Der Gewinnanteil jedes Gesellschafters beträgt laut Gesetz zunächst vier Prozent seines jeweiligen Kapitalanteils. Ist der Gewinn zu gering dafür, verringert sich der prozentuale Anteil entsprechend. Darüber hinausgehende Gewinne und auch Verluste werden zu gleichen Teilen verteilt (§ 121 HGB).
Beispiel: Die Özdemir und Schmitt OHG hat zwei Gesellschafter. Frau Özdemir zahlte 60.000 Euro als Einlage, Herr Schmitt bringt 45.000 Euro in das Unternehmen ein. Bis zum Jahresende erwirtschaftet die OHG einen Gewinn von 50.000 Euro. Demnach stehen Frau Özdemir vier Prozent des Gewinns zu, also 2.400 Euro. Herr Schmitt erhält 1.800 Euro. Es bleibt ein Restgewinn von 45.800 Euro. Beide Gesellschafter teilen sich diesen Gewinnanteil unabhängig von ihrer Einlage und erhalten zusätzlich jeweils 22.900 Euro.
Haftung der Gesellschafter
Ein nicht unwesentlicher Punkt für die Gesellschafter einer OHG ist ihre Haftung gegenüber Gläubigern der Gesellschaft. Wie bereits erwähnt, haften Sie auch mit Ihrem privaten Vermögen, wenn Sie eine offene Handelsgesellschaft betreiben. Dabei handelt es sich nicht nur um etwaige Ersparnisse, sondern alle pfändbaren Mittel einschließlich Immobilien oder Wertgegenstände. Dies gilt bis zum gesetzlich festgelegten Pfändungslimit.
Das Handelsgesetzbuch charakterisiert das Haftungsverhältnis als unbeschränkt sowie persönlich und gesamtschuldnerisch (§§ 105 Abs. 1, 128 HGB). D. h. dass jeder einzelne Gesellschafter notfalls für die gesamte Schuld gegenüber Dritten haftet – dies lässt sich auch nicht per Gesellschaftsvertrag einschränken oder ausschließen. Allerdings kann in einem solchen Fall der in Anspruch genommene Gesellschafter von den anderen Gesellschaftern einen Ausgleich verlangen.
Umso wichtiger ist es, Haftpflicht- und/oder Gewerbeversicherungen abzuschließen. Es bestehen Haftungsrisiken gegenüber Mitgesellschaftern und ein allgemeines Risiko in der jeweiligen Branche.
Im Gesellschaftsvertrag kann die Haftung nach innen jedoch beschränkt werden, beispielsweise auf die Höhe der jeweiligen Einlage des Gesellschafters. Dies beeinflusst allerdings nicht die Schuld gegenüber Dritten. Auch wenn ein Gesellschafter einen Vertrag abschließt und dann zahlungsunfähig wird, müssen die restlichen Gesellschafter zahlen.
Beispiel: Gesellschafter Schmitt trägt laut Gesellschaftsvertrag 40 Prozent der anfallenden Verbindlichkeiten, Gesellschafterin Özdemir 60 Prozent. Schließt Herr Schmitt jedoch einen Vertrag mit einem Zulieferer über 10.000 Euro und wird dann zahlungsunfähig, muss Frau Özdemir die Gesamtschuld von 10.000 Euro begleichen. Der Zulieferer ist nicht an geschäftsinterne Absprachen gebunden. Ihm steht vielmehr der gesamte Betrag zu, den die OHG ihm schuldet.
Neue Gesellschafter tragen alle Verbindlichkeiten mit, die die offene Handelsgesellschaft bis dato angehäuft hat.
Tritt ein Gesellschafter aus der OHG aus, haftet er fünf Jahre nach dem Austritt weiter (§ 160 HGB) – eventuell auch länger, wenn Rechtsverfahren anhängig sind. Dabei soll der Austritt als vollzogen gelten, wenn die Person aus dem Handelsregistereintrag der OHG ausgetragen ist. Falls kein entsprechender Eintrag vorgenommen wird, beginnt die Frist, sobald die Gesellschaft als Gläubiger von dem Ausscheiden des Gesellschafters weiß – siehe hierzu das Urteil des Bundesgerichtshof mit dem Aktenzeichen II ZR 284/05 BGH.
Auch wenn – etwa durch Beschluss der Gesellschafter – eine OHG aufgelöst wird, haften sie weiterhin mit ihrem Privatvermögen dafür, und zwar normalerweise ebenfalls fünf Jahre lang.
Bei nicht einzuschätzenden Risiken sollten Sie die Rechtsform GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) in Betracht ziehen. Haben Sie schon eine OHG gegründet, ermöglicht der Gesetzgeber auch einen Wechsel in eine Kapitalgesellschaft. Im Gegensatz zu den Personengesellschaften ist die Haftung bei einer solchen Gesellschaft beschränkt.
Auflösung der offenen Handelsgesellschaft
Es gibt verschiedene Gründe dafür, dass eine OHG ihre Arbeit einstellt. Im Gegensatz zur GbR führt der Tod eines Gesellschafters jedoch nicht zum Ende des Unternehmens, wenn nichts anderes vereinbart ist. Mögliche Auflösungsgründe sind:
- Im Gesellschaftsvertrag befristen die Beteiligten die Lebensdauer des Unternehmens.
- Die Gesellschafter beschließen gemeinsam, die OHG aufzulösen.
- Eine richterliche Entscheidung bestimmt die Auflösung.
- Es kommt zu einem Insolvenzverfahren ohne Fortbestandsplan.
Das Ende einer offenen Handelsgesellschaft erfolgt in drei Schritten. Ein Beschluss zur Auflösung oder ein sonstiger Anlass dazu ist dabei nur der erste Schritt. Bevor das Unternehmen vollständig aus dem Rechtsverkehr getilgt ist, erfolgen noch die Liquidation und die Vollbeendigung.
Bei der Liquidation, auch Auseinandersetzung genannt, wickelt die OHG ihre laufenden Geschäftsvorgänge ab, begleicht Verbindlichkeiten und zieht eigene Forderungen ein. Sind alle Aktiva verteilt, endet die Auseinandersetzung. Der letzte Schritt, die Vollbeendigung, erfolgt automatisch mit dem Austrag aus dem Handelsregister.
Vor- und Nachteile der offenen Handelsgesellschaft
Die OHG ist eine unkomplizierte Rechtsform, die es Gründern ermöglicht, schnell und günstig eine Geschäftsidee in die Tat umzusetzen. Die Pflichten zum Eintrag ins Handelsregister und zur ordnungsgemäßen Buchführung erhöhen den administrativen Aufwand, steigern jedoch das Ansehen im Geschäftsverkehr. Allerdings birgt diese Rechtsform auch ihre Risiken, besonders für wirtschaftlich unerfahrene Personen. Bevor man sich zur Gründung einer solchen Gesellschaft entschließt, sollte man ihre Vor- und Nachteile gründlich abwägen.
Vorteile | Nachteile |
Kein Stammkapital erforderlich | Die Gründung ist aufwendiger als bei einer GbR. Die Gesellschaft muss unter Mitwirkung eines Notars ins Handelsregister eingetragen werden. |
Gründung bereits ab zwei Personen | Persönliche, solidarische Haftung, auch noch nach der Auflösung des Unternehmens oder einem Austritt |
Weitgehend freie Gestaltung des Gesellschaftsvertrags | Gesellschafter müssen notfalls füreinander einstehen. |
Gesellschafter können eigenständig geschäftlich entscheiden. | Pflicht zur Selbstorganschaft – externe Geschäftsführer nicht zulässig |
Private Risikohaftung und Kaufmannsstatus erhöhen die Kreditwürdigkeit im Vergleich zur GbR. | Kaufmännische Buchführung mit Inventur und Bilanzen erforderlich |
Eintrag im Handelsregister schützt den Namen des Unternehmens. | Alle Änderungen der Gesellschaft müssen im Handelsregister erscheinen. |
Bitte beachten Sie den rechtlichen Hinweis zu diesem Artikel.