Was ist Prokura?

Die Prokura ist eine Handlungsvollmacht, die Inhabende einer Handelsgesellschaft oder deren gesetzliche Vertreter weiteren Personen erteilen können. Sie muss in das Handelsregister eingetragen werden. Das sorgt für Transparenz und Rechtssicherheit.

Was ist die Prokura genau?

Der Begriff „Prokura“ kommt vom lateinischen pro („für“) und cura („Sorge“) und bedeutet genau das: „für etwas Sorge tragen“ (lateinisch: procurare). Diese Fürsorge bezieht sich auf die Vornahme aller Geschäfte, die der Betrieb einer Handelsgesellschaft üblicherweise mit sich bringt (unter Ausschluss sogenannter Grundlagengeschäfte) und stellt diesbezüglich eine umfassende handelsrechtliche Vertretungsmacht dar.

Durch Prokura wird per Definition eine Person umfassend dazu bevollmächtigt, im Sinne eines Unternehmens zu handeln, auch ohne dass diese Person dafür ein gesetzlicher Vertreter des Unternehmens sein muss – so wie es beispielsweise die Geschäftsführerin einer GmbH, der Vorstand einer AG oder die Gesellschafter einer OHG sind. Während sich die Vertretungsmacht letztgenannter unmittelbar aus gesetzlichen Bestimmungen ergibt, erhält ein Prokurist diese allein aufgrund seiner rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht – der Prokura.

Definition

Eine Handelsgesellschaft ist eine Gesellschaft, die ein Handelsgewerbe im Sinne von § 1 Abs. 2 HGB betreibt. Das schließt nicht nur den Handelssektor samt Groß- und Einzelhandel ein, sondern jeden Gewerbebetrieb, der einen „in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert“. Dazu zählen Gesellschaftsformen wie die Personengesellschaften OHG und KG sowie die Kapitalgesellschaften AG, SE, UG und GmbH. Besonderheit: Aktiengesellschaften und GmbH zählen auch dann zu den Handelsgesellschaften, wenn sie gar kein Handelsgewerbe betreiben. Dies regeln Sondervorschriften wie § 13 Abs. 3 GmbHG. Jede Handelsgesellschaft gilt gemäß § 1 Abs. 1 HGB als Kaufmann, und all ihre Geschäfte gelten als Handelsgeschäfte im Sinne des § 343 HGB.

Welche Rechtsgrundlagen liegen der Prokura zugrunde?

Die §§ 48 bis 53 des Handelsgesetzbuches (HGB) regeln die Prokura. Eventuelle Regelungslücken schließt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) mit den §§ 164 ff.

Welchen Umfang hat die Prokura?

Die Prokura kann im Innenverhältnis, also unternehmensintern, je nach Vereinbarung durchaus begrenzt sein. Im Außenverhältnis gilt sie jedochunbeschränkt und ist weder auf bestimmte Rechtsgeschäfte und Geldbeträge, noch zeitlich oder auf bestimmte Orte beschränkbar (siehe § 50 Abs. 1 und 2 HGB). Schließlich müssen Vertrags- und Geschäftspartner stets auf die Berechtigung des Prokuristen vertrauen können. Eine Ausnahme stellt die sogenannte Filialprokura dar, die nur auf bestimmte Niederlassungen beschränkt ist. Siehe dazu nachfolgend die verschiedenen Prokura-Arten.

Definition

Ein Prokurist ist Inhaber einer handelsrechtlichen Vollmacht, der Prokura. Diese berechtigt den Prokuristen dazu, sämtliche gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtshandlungen und Geschäfte vorzunehmen, die sich aus dem Geschäftsbetrieb eines Handelsgewerbes ergeben.

Welche Arten von Prokura gibt es?

In der Praxis tritt die Handlungsvollmacht in verschiedenen Abstufungen auf. Zu den gängigen Prokura-Arten zählen:

  • Einzelprokura: Ein Prokurist darf den Geschäftsherren allein vertreten und für ihn handeln.
  • Echte Gesamtprokura: Ein Prokurist darf nicht allein handeln, sondern nur mit einem zweiten oder mehreren Prokuristen gemeinsam.
  • Halbseitige Gesamtprokura: Ein Prokurist verfügt über Einzelprokura, während anderen Prokuristen lediglich Gesamtprokura erteilt wird. Ersterer darf allein handeln, letztere nur gemeinsam mit anderen Prokuristen.
  • Gemischte Gesamtprokura (auch: unechte Gesamtprokura): Ein Prokurist benötigt die Mitwirkung eines gesetzlichen bzw. organschaftlichen Vertreters (zum Beispiel eines Geschäftsführers) und kann nur gemeinsam mit diesem handeln.
  • Filialprokura: Die Handlungsvollmacht erstreckt sich nur auf den Betrieb einer oder mehrerer Niederlassungen, nicht aber auf alle Niederlassungen. Gemäß § 50 Abs. 3 HGB ist eine derartige Beschränkung gegenüber Dritten nur zulässig, wenn die Niederlassungen sich anhand ihrer Namen klar unterscheiden lassen. Ein Namenszusatz genügt.

Wer darf eine Prokura erteilen?

Lediglich der Inhaber einer Handelsgesellschaft und sein gesetzlicher Vertreter können eine Prokura erteilen. Im Fall einer GmbH ist dies der Geschäftsführende. Überdies benötigt er zur Erteilung einer Prokura einen Gesellschafterbeschluss. Das ist üblicherweise der Fall, wenn Unternehmen durch ihre Organe handeln. Außer auf die GmbH trifft dies zum Beispiel auch auf eine UG (haftungsbeschränkt) zu.

Zu den Kaufleuten im Sinne des HGB, die eine Prokura erteilen können, zählen ebenfalls eingetragene Genossenschaften, sowie Erbengemeinschaften, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter und Nachlasspfleger, sofern diese ein Handelsgeschäft des Erblassers weiterführen.

Definition

Ein Handelsgeschäft ist eine Rechtshandlung eines Kaufmanns oder einer Handelsgesellschaft, die in Bezug zu dessen bzw. deren Handelsgewerbe steht. Handelsgeschäfte finden üblicherweise in Form von Willenserklärungen statt, die zu Rechtsgeschäften führen. Auch Angebote und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen wie beispielsweise Mahnungen können Handelsgeschäfte kennzeichnen.

Wer darf keine Prokura erteilen?

Natürliche Personen dürfen keine Prokura erteilen. Das trifft ebenso auf Kaufleute und Betreiberinnen und Betreiber eines Kleingewerbes zu, die nicht im Handelsregister eingetragen sind. Auch Prokuristinnen und Prokuristen selbst dürfen keine Prokura erteilen.

An wen kann Prokura erteilt werden?

Die Prokura darf ausschließlich an volljährige, natürliche Personen erteilt werden, die voll geschäftsfähig sind. Diese müssen weder selbst Kaufmann im Sinne des HGB noch im Unternehmen angestellt sein. Im Regelfall werden jedoch leitende Angestellte als Prokuristen eingesetzt. Für den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin hat dies den Vorteil, dass der Prokurist oder die Prokuristin dessen bzw. deren Weisungsbefugnis unterliegt.

Wie wird eine Prokura erteilt? Welche formalen Anforderungen bestehen?

Eine Prokura muss von einer berechtigten Person und zudem ausdrücklich erklärt werden. Eine stillschweigende Erteilung ist nicht möglich. Je nach Unternehmensform ist, wie zuvor geschildert, ggf. ein Gesellschafterbeschluss erforderlich.

In der Regel wird Prokura schriftlich erteilt – sie kann grundsätzlich aber auch mündlich erteilt werden. Die Bevollmächtigung muss zudem durch Eintrag der Prokura im Handelsregister bestätigt werden, um jederzeit für Geschäftspartner sichtbar und nachprüfbar zu sein.

Was darf ein Prokurist?

Die Handlungsvollmacht eines Prokuristen erstreckt sich, wie geschildert, auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen Handlungen und Geschäfte einer Handelsgesellschaft. Der Prokurist darf auch branchenübergreifende Geschäfte für den Geschäftsherren wahrnehmen. Unter anderem zählen folgende Verkehrsgeschäfte und organisatorische Maßnahmen zu den Befugnissen von Prokuristen:

  • Verträge abschließen, umsetzen und beenden
  • Personal einstellen und entlassen
  • Gerichtsverfahren führen
  • Darlehen und Kredite aufnehmen und gewähren
  • Verpflichtungsgeschäfte, Verfügungsgeschäfte und Aktiengeschäfte tätigen
  • Wechsel und Scheckerklärungen ausstellen
  • Grundbesitz mieten, erwerben, vermieten
  • andere Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen kaufen und verkaufen
  • Bürgschaften und Schenkungen vornehmen
  • Arbeitnehmern Handlungsvollmachten erteilen
  • neue Branchen erschließen
  • Produktumstellungen veranlassen
  • neue Produktionsmethoden einführen
  • Zweigniederlassungen errichten oder schließen
  • den Geschäftssitz verlegen
Fakt

Ein Prokurist muss sich als solcher zu erkennen geben, wenn er Geschäfte im Rahmen seiner Vollmacht vornimmt. Zu diesem Zweck unterzeichnet er beispielsweise stets mit dem Zusatz pp. bzw. ppa. Das steht für per procura (lat.), zu Deutsch: „in Vollmacht“, beziehungsweise für per procura autoritate, zu Deutsch: „mit der Macht einer Prokura“.

Was darf ein Prokurist nicht?

Ein Prokurist darf keine sogenannten Grundlagengeschäfte tätigen. Diese betreffen den Bestand der Gesellschaft sowie den Status der Gesellschafter. Grundlagengeschäfte sind den Gesellschaftern vorbehalten, die den Gesellschaftsvertrag gemeinsam geschlossen haben – es sei denn, der Vertrag schreibt etwas anderes vor.

Definition

Bei Grundlagengeschäften handelt es sich namensgemäß um solche Handlungen, die die Grundlagen der Gesellschaft, sowie die Beziehungen der Gesellschafter zueinander und deren wesentliche Rechte oder Pflichten verändern. Grundlagengeschäfte zielen darauf ab, die Organisation und den Bestand einer Gesellschaft zu verändern.

Ein Prokurist darf demnach Folgendes nicht:

  • den Firmennamen ändern
  • den Gesellschaftsvertrag oder den Gesellschaftszweck ändern
  • die Gesellschaft umwandeln (durch Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung, Formwechsel)
  • einen Unternehmensvertrag abschließen
  • Gesellschafter aufnehmen, kündigen oder ausschließen
  • die Geschäftsführungsbefugnis entziehen
  • die Vertretungsmacht entziehen
  • das Gesellschaftsvermögen an Dritte übertragen

Prokuristen dürfen ebenfalls nicht:

  • den Jahresabschluss unterzeichnen
  • Geschäftsanteile veräußern
  • Grundstücke verkaufen oder belasten
  • Insolvenz anmelden
  • den Geschäftsbetrieb einstellen
  • das Unternehmen verkaufen
  • die Gesellschaft auflösen

Für einen Verkauf oder eine Belastung firmeneigener Grundstücke benötigt ein Prokurist eine gesonderte Genehmigung. Auch darf ein Prokurist keine Verträge mit sich selbst abschließen (Selbstkontrahieren); es sei denn, dies wird ihm zuvor ausdrücklich gestattet.

Wie lange gilt eine Prokura?

Eine Prokura gilt grundsätzlich unbeschränkt und endet auch nicht mit dem Tod des Inhabers des betreffenden Handelsgeschäfts. Eine Prokura endet erst, wenn eine dazu berechtigte Person sie widerruft. Der Widerruf einer Prokura ist gemäß § 52 HGB jederzeitund ohne weitere Bedingungen möglich und lässt sich nicht vertraglich ausschließen. Derartige Klauseln sind unwirksam.

Unter bestimmten Umständen kann eine Prokura jedoch auch ohne Widerruf erlöschen. Folgende Faktoren können dazu führen:

  • Verkauf des Unternehmens
  • Einstellung des Geschäftsbetriebs
  • Tod des Prokuristen
  • Geschäftsunfähigkeit des Prokuristen

Ein Prokurist kann zudem nicht von sich aus die Prokura niederlegen. Er behält die damit verbundenen Befugnisse, bis diese aus einem der oben genannten Gründe erlöschen oder von berechtigter Seite widerrufen werden. Der Prokurist kann höchstens davon absehen, von der Prokura Gebrauch zu machen.

Tipp

Prokuristen sollten erwägen, sich mit einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung vor beruflichen Risiken zu schützen, sofern sie nicht bereits im Rahmen einer D&O-Versicherung (Directors-and-Officers-Versicherung) seitens des Unternehmens abgesichert sind. Letztere schützt Organe und Manager eines Unternehmens, falls von dritter Seite Ansprüche erhoben werden, die auf Pflichtverletzungen seitens der Mitarbeiter des Unternehmens basieren.

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