Was ist ein Kleingewerbe und welche Vorteile bietet es?
Für sogenannte Kleingewerbe gelten in Deutschland besondere Regelungen. Der Gesetzgeber erspart kleineren Unternehmen beispielsweise die ordnungsgemäße kaufmännische Buchführung (§ 141 AO) und erlaubt ihnen auch, die Umsatzsteuer nicht nach den gestellten Rechnungen, sondern nach den tatsächlichen Einnahmen zu berechnen und abzuführen (§ 20 UstG). Doch was bedeutet das im Einzelnen?
Hier erfahren Sie, was das Kleingewerbe vom kaufmännischen Gewerbebetrieb unterscheidet. Wir erläutern die Vor- und Nachteile, die mit einem Kleingewerbe einhergehen, und stellen heraus, unter welchen Voraussetzungen der Betreiber eines Unternehmens als Kleinunternehmer gilt.
Was ist ein Kleingewerbe?
Die Gewerbeordnung (GewO) macht keinen Unterschied zwischen großen und kleinen Gewerbebetrieben. Alle Rechte und Pflichten dieses Gesetzes gelten in vollem Umfang für Unternehmen jeder Größe, wenn es sich um Gewerbebetriebe handelt. Dagegen erklärt das Handelsgesetzbuch gleich im ersten Paragrafen, dass es für ein solches Unternehmen nicht zuständig ist, das „nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert“ § 1 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB). Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich für solche Unternehmen aufgrund ihrer Größe der Begriff Kleingewerbe etabliert.
Als Kleingewerbe bezeichnet man eine gewerbliche Selbstständigkeit, deren Größe eine Einrichtung als kaufmännischer Gewerbebetrieb nicht erforderlich macht. Anders als Kaufleute unterliegen Kleingewerbetreibende damit nicht dem HGB, jedoch weiterhin der GewO sowie den Steuervorschriften.
Gewerbliche Tätigkeit
Als gewerbliche Tätigkeit wird in Deutschland jede berufliche Selbstständigkeit definiert, die folgende Voraussetzungen erfüllt: Die selbstständige Tätigkeit ist …
- nach außen gerichtet,
- auf Dauer angelegt und wird
- mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben.
Ausgenommen davon sind eine Palette freiberuflicher Tätigkeiten sowie die sogenannte Urproduktion. Welche Tätigkeiten zu den freien Berufen gehören, listet der § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf – daher bezeichnet man sie auch als „Katalogberufe“. Auch die sogenannten „katalogähnlichen Berufe“ (also Berufe, die nicht im genannten Paragrafen aufgeführt werden, die aber ähnliche Tätigkeiten umfassen wie die Katalogberufe) können zu den freien Berufen gezählt werden. Die Urproduktion umfasst Tätigkeiten wie Land- und Forstwirtschaft, Jagd, Fischerei und Bergbau. Sie gelten schon kraft Gewohnheitsrecht nicht als Gewerbetätigkeit.
Gewerbe ohne kaufmännischen Geschäftsbetrieb
Das Handelsgesetzbuch sowie die Abgabenordnung nennen zwei eindeutige Grenzwerte dafür, ob der Umfang einer gewerbliche Tätigkeit einen Geschäftsbetrieb nach kaufmännischen Regeln erfordert oder ob ein Kleingewerbe zulässig ist (§ 241a HGB, § 141 Abs. 1 Satz 1 und 4 AO). Dies sind jeweils
- 600.000 Euro jährliche Umsatzerlöse oder
- 60.000 Euro Jahresüberschuss.
Weitere Bedingungen werden dort nicht genannt.
Daneben gibt es Veröffentlichungen mit differenzierteren Darstellungen. Die IHK-Berlin stellt es beispielsweise so dar, dass es auf das „Gesamtbild“ des Unternehmens ankomme und nur die „Gesamtschau die Beurteilung des Unternehmens“ zulasse. Die dort genannten Kriterien sind unter anderem:
- Art der Geschäfte: Vielfalt der Aktivitäten (Erzeugnisse, Geschäftsbeziehungen, Leistungen), Fremdfinanzierungen (Inanspruchnahme und Gewährung), Teilnahme am Wechsel-, Scheck- und Frachtverkehr, größere Lagerhaltung, viel Werbung
- Umfang der Geschäfte: Umsatzvolumen, Anlage- und Umlaufvermögen, Zahl der Beschäftigten, Zahl und Größe der Betriebsstätten, Auslandsfilialen
- Gesamtumsatz (je nach Branche/Art des Gewerbes – Richtwerte): Produktion, Großhandel und Gaststätten ab 300.000 Euro, Einzelhandel und Hotellerie ab 250.000 Euro, Dienstleistungen ab 175.000 Euro
- Betriebsvermögen: ab 100.000 Euro
- Kreditvolumen: ab 50.000 Euro
Kein Handelsregistereintrag für Kleingewerbe
Für Gewerbetreibende, die ein Handelsgewerbe mit ordnungsgemäßer Buchhaltung unterhalten, ist auch der Eintrag ins Handelsregister Pflicht. Ein Kleingewerbe zählt nicht als Handelsgewerbe, und sein Inhaber ist dementsprechend von der Eintragungspflicht befreit (rechtlich zählen sie nicht zu den Kaufleuten).
Einem Kleinunternehmen steht es offen, sich freiwillig ins Handelsregister einzutragen. Das Kleingewerbe wird damit rechtlich zum Handelsgewerbe, der Kleingewerbetreibende erhält den Kaufmannsstatus und ist folglich an die Regelungen des HGB gebunden. Man spricht in diesem Fall von einem Kann-Kaufmann § 2 HGB.
Unterschied: Kleingewerbe – Kleinunternehmer
Kleingewerbetreibende werden oft mit Kleinunternehmern verwechselt. Die zwei Begriffe beschreiben jedoch grundsätzlich unterschiedliche Sachverhalte und sollten nicht synonym verwendet werden. Während es sich beim Kleingewerbe um ein Unternehmen ohne Handelsregistereintrag handelt, ist ein Kleinunternehmer ein Unternehmer, der die Kleinunternehmerregelung des Umsatzsteuergesetzes in Anspruch nimmt (§ 19 UstG).
Wer sich dem Finanzamt gegenüber als Kleinunternehmen erklärt, braucht keine Umsatzsteuer auszuweisen oder abzuführen, kann sich im Gegenzug aber auch keinen Vorsteuerabzug aus Rechnungen anderer Unternehmen erstatten lassen. Unternehmer können die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, wenn ihr Umsatz zuzüglich Steuern im vergangenen Kalenderjahr 22.000 Euro (Stand Jahr 2021 - aktuell Höhe siehe auch UstG §19) nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.
Rechtsform und Geschäftsbezeichnung
Für die meisten Rechtsformen, die ein Unternehmen haben kann, sind die ordnungsgemäße Buchführung samt Jahresabschluss mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Handelsregistereintrag zwingend vorgeschrieben – unabhängig von der Unternehmensgröße. Dies gilt für jede Art von Kapitalgesellschaft (AG, GmbH, UG), aber auch für die meisten Personengesellschaften (KG, oHG) sowie für Mischformen (z. B. KG auf Aktien). Damit stehen diese Rechtsformen auch nicht für das Kleingewerbe zur Verfügung. Für das Kleingewerbe bleiben nur der einfache Einzelunternehmer und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR – §§ 705ff BGB), bei der die Gesellschafter voll für das Unternehmen haftbar bleiben.
Als Geschäftsbezeichnung für ein Kleingewerbe ist jeder denkbare, noch verfügbare Fantasiebegriff möglich. Im Geschäftsverkehr müssen jedoch zusätzlich der Name des Kleingewerbetreibenden inklusive Vorname sowie eine ladungsfähige Adresse aufgeführt werden. Handelt es sich bei dem Kleingewerbe um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist der Zusatz „GbR“ zu empfehlen. Er ist zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, dient aber der Rechtsklarheit.
Steuer- und Buchführungsvorschriften
Der Status „Kleingewerbetreibender“ hat für Unternehmer zwei wesentliche Vorteile:
- Einfachere Buchführung und wahlweise
- Ist- statt Soll-Besteuerung bei der Umsatzsteuer
Gewinnermittlung via Einnahmenüberschussrechnung
Kleingewerbetreibende sind weder an das HGB noch an die damit verbundenen Buchführungsvorschriften – die sogenannte ordnungsgemäße Buchführung – gebunden. Der zu besteuernde Gewinnbetrag wird stattdessen über eine Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) ermittelt.
Die Gewinnermittlung anhand der einfachen Buchführung, erläutern wir in einem weiterführenden Artikel zur Einnahmenüberschussrechnung (EÜR).
Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten
Gemäß § 16 Umsatzsteuergesetz (UStG) wird die Umsatzsteuer in Deutschland „nach vereinbarten Entgelten“ berechnet. Die Umsatzsteuerschuld eines Unternehmers entsteht somit im Prinzip, sobald Leistung ganz oder teilweise erbracht wurde. In der Praxis bedeutet das: im Moment der Rechnungsstellung. Diese Art der Umsatzsteuerberechnung wird Soll-Besteuerung genannt.
Die Soll-Versteuerung hat einen spezifischen Nachteil: Die berechnete Umsatzsteuer muss bereits nach der Rechnungsstellung abgeführt werden, also unter Umständen, bevor der Kunde die Rechnung mitsamt der Umsatzsteuer gezahlt hat. Um kleineren Unternehmen diesen Nachteil zu ersparen, gewährt der Gesetzgeber gemäß § 20 Umsatzsteuergesetz (UStG) die Möglichkeit, eine Ist-Besteuerung zu beantragen, bei der die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet wird, das heißt also, erst gezahlt werden muss, wenn auch der Kunde gezahlt hat.
Art der Besteuerung | Zeitpunkt der Besteuerung |
Soll-Besteuerung | Versteuerung nach dem vereinbarten Entgelt (nach der Rechnungsstellung) |
Ist-Besteuerung | Versteuerung nach dem vereinnahmten Entgelt (nach der Zahlung) |
Ein Gewerbetreibender, der eine Ist-Besteuerung beantragen möchte, muss mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen.
- Der Gesamtumsatz des Unternehmers betrug im vorangegangenen Kalenderjahr maximal 500 000 Euro.
- Dem Unternehmer wurden gemäß § 148 AO Erleichterungen bei Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten bewilligt.
Kleingewerbebetriebe erfüllen in der Regel beide Kriterien. Sie können die ihren Kunden berechnete Umsatzsteuer am Ende des Voranmeldezeitraums (oder am Ende des Jahres, wenn keine Pflicht zur Voranmeldung besteht) abführen, in dem die Kunden die Rechnungen jeweils bezahlt haben.
Auch Freiberufler sind zur Ist-Besteuerung berechtigt – unabhängig von ihrem Umsatz.
Bei Kleingewerbetreibenden, die als Kleinunternehmer arbeiten, entfällt natürlich die Umsatzsteuerberechnung. Die Soll- und die Ist-Besteuerung haben dann keine Bedeutung.
Vor und Nachteile des Kleingewerbes im Überblick
Die folgende Tabelle zeigt die wichtigsten Vor- und Nachteile, die mit dem Status „Kleingewerbe“ verbunden sind.
Vorteile | Nachteile |
Keine Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung | Dem Umfang des Gewerbes sind Grenzen gesetzt. |
Kein Eintrag ins Handelsregister | Kleinunternehmen sind auf die Rechtsformen „Einzelunternehmen“ und „GbR“ beschränkt. |
Gewinn darf mithilfe der einfacheren Einnahmenüberschussrechnung ermittelt werden. | Eine haftungsbeschränkte Rechtsform steht Kleingewerbetreibenden nicht zur Auswahl. |
Die Umsatzsteuer kann im Rahmen der Ist-Versteuerung später abgeführt werden. |
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