Was ist ein Kleinunternehmer?
Für Kleinunternehmen gelten in Deutschland vereinfachende Regelungen im Umsatzsteuerrecht. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Kleinunternehmerregelung. Wer als Kleinunternehmer gilt und welche steuerrechtlichen Besonderheiten bei Kleinunternehmern greifen, erfahren Sie bei uns.
Wer gilt als Kleinunternehmer?
Als Kleinunternehmer gilt, wer von der sogenannten Kleinunternehmerregelung Gebrauch macht – einer Vereinfachungsregelung im Umsatzsteuerrecht (§ 19 UStG). Die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung sind:
- Ihr Umsatz lag im vorangegangenen Kalenderjahr nicht über 22.000 Euro.
- Ihr Umsatz im aktuellen Kalenderjahr beträgt voraussichtlich maximal 50.000 Euro.
Für Existenzgründer gilt: Die Kleinunternehmerregelung kann bereits im ersten Jahr der Selbstständigkeit genutzt werden, sofern der Gesamtumsatz voraussichtlich nicht höher als 22.000 Euro (Stand Jahr 2021 - aktuell Höhe siehe auch UstG §19) sein wird.
Berechnungsgrundlage ist der Gesamtumsatz nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) zuzüglich Umsatzsteuer.
Bei der Ist-Besteuerung wird die Umsatzsteuer erst dann fällig, wenn der Kunde die Rechnung bezahlt hat. Bei der Soll-Besteuerung wird sie bereits bei Rechnungsstellung fällig.
Die Ist-Besteuerung können nutzen:
- Unternehmen, deren Vorjahresumsatz max. 500.000 Euro betrug
- Freiberufler
- Unternehmen, die wegen besonderer Umständen von der Buchführungspflicht befreit sind
Ein Unternehmer, der die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen möchte, muss diese nicht beantragen. Wer die oben aufgeführten Voraussetzungen erfüllt, ist automatisch Kleinunternehmer, hat jedoch die Möglichkeit, auf diese Vereinfachungsregelung im Umsatzsteuerrecht zu verzichten. Man spricht dann von der Option zur Regelbesteuerung. Eine entsprechende Verzichtserklärung kann dem zuständigen Finanzamt jederzeit frist- und formlos mitgeteilt werden.
Achtung: Eine Verzichtserklärung bindet einen Kleinunternehmer für fünf Kalenderjahre an die Option zur Regelbesteuerung.
Bei einem Kleinunternehmer handelt es sich um einen Unternehmer, der die in § 19 UStG genannten Voraussetzungen für die Vereinfachungsregelung im Umsatzsteuerrecht erfüllt und von dieser Gebrauch macht.
Wer die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung erfüllt, muss für steuerbare und steuerpflichtige Umsätze keine Umsatzsteuer abführen. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung entfällt.
Kleinunternehmer sind damit nicht berechtigt, die Umsatzsteuer auf Rechnungen gesondert auszuweisen. Ein Beispiel für eine Kleinunternehmerrechnung finden Sie in unserem weiterführenden Artikel zum Thema.
Weist ein Kleinunternehmen die Umsatzsteuer versehentlich oder mit Vorsatz auf Rechnungen aus, ist diese trotz Kleinunternehmerstatus an das Finanzamt abzuführen. Gemäß § 14c (UStG) führt ein unberechtigter Steuerausweis automatisch zur Steuerschuld.
Zu den Voraussetzungen ein kurzes Beispiel:
Makler Egon hat in 2018 mit der Vermittlung von Immobilien einen Umsatz in Höhe von 17.000 Euro erwirtschaftet. Die Geschäfte gehen gut. Ausgehend von der Auftragslage schätzt er, dass er seinen Umsatz im Jahr 2019 auf 34.000 Euro verdoppeln wird. Sowohl der Umsatz in 2018 als auch die Schätzung für 2019 liegen unter den gesetzlichen Umsatzgrenzen der Kleinunternehmerregelung. Egon kann somit auch 2019 als Kleinunternehmer auftreten.
Doch was passiert, wenn Egons tatsächlicher Umsatz über der Schätzung für 2019 und wohlmöglich über der Umsatzgrenze für das laufende Kalenderjahr liegt? Angenommen Egon würde 2019 nicht 34.000 Euro, sondern 57.000 Euro Umsatz erwirtschaften. Auch dann könnte der Makler die Kleinunternehmerregelung für dieses Kalenderjahr in Anspruch nehmen.
Solange Unternehmer die Umsatzprognose nach bestem Wissen und Gewissen vornehmen, entfällt die Kleinunternehmerbesteuerung auch bei Überschreiten der Umsatzsteuergrenze nicht rückwirkend. Im Kalenderjahr 2020 jedoch sind die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung in beiden Szenarien nicht mehr erfüllt (denn der Vorjahresumsatz liegt jeweils über 22.000 Euro). Egon muss seine Umsätze ab 2020 regulär versteuern.
Welche Rechtsformen stehen Kleinunternehmern offen?
Ob ein Unternehmer die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen kann, ist ausschließlich davon abhängig, wie viel Umsatz er erwirtschaftet hat bzw. voraussichtlich erwirtschaften wird. Die Rechtsform des Unternehmens wird bei der Beurteilung ebenso wenig berücksichtigt wie die Arbeitnehmeranzahl oder die Anzahl der Betriebsstätten. Die Kleinunternehmerregelung steht somit allen in Deutschland zulässigen Rechtsformen zu.
Gemäß § 19 UStG können nur inländische Unternehmer Kleinunternehmer sein. Unternehmer mit Sitz im Ausland können die Befreiung von der Umsatzsteuer nicht in Anspruch nehmen.
Kleinunternehmer vs. Kleingewerbe
Der Kleinunternehmer wird häufig mit dem Kleingewerbetreibenden verwechselt. Die Begriffe ähneln sich, sind jedoch mit unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen verbunden. Während die steuerrechtliche Vereinfachung für Kleinunternehmer im Umsatzsteuergesetz geregelt ist, leitet sich die Unterscheidung von Gewerbe und Kleingewerbe aus dem Handelsrecht ab.
Ein Kleinunternehmer ist ein Unternehmer, der die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nimmt. Bei einem Kleingewerbetreibenden hingegen handelt es sich um einen Unternehmer, der einen Gewerbebetrieb unterhält, der nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit keinen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Kleingewerbetreibende sind daher von der Eintragungspflicht in Handelsregister befreit und gelten nicht als Kaufleute.
Ein Kleingewerbetreibender kann (sofern alle Voraussetzungen) erfüllt sind, allerdings die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen.
Kleinunternehmer: Vorteile im Privatkundengeschäft an einem Beispiel erklärt
Darüber hinaus ergibt sich für Kleinunternehmer ein leichter Wettbewerbsvorteil im Privatkundengeschäft. Endverbraucher vergleichen Preise für Produkte und Dienstleistungen in der Regel inklusive Umsatzsteuer (im allgemeine Sprachgebrauch auch Mehrwertsteuer genannt). Kleinunternehmen brauchen diese nicht berechnen und sind so auch gegenüber größeren, umsatzsteuerpflichtigen Konkurrenten wettbewerbsfähig, die Endverbrauchern Bruttopreise inklusive Umsatzsteuer anbieten müssen.
Dazu ein Beispiel:
Kleinunternehmerin Julia verkauft Retro-Rollschuhe über die Handelsplattform eBay. Ihr Einkaufspreis pro Stück liegt bei 50 Euro brutto. Ihre Käufer zahlen ihr 100 Euro. Julias Gewinn pro Verkauf beträgt somit 50 € (Verkaufspreis minus Einkaufspreis).
Das umsatzsteuerpflichtige Unternehmen Fischer KG kauft dasselbe Produkt ebenfalls für 50 Euro brutto ein. Die Fischer KG möchten pro Paar Rollschuhe ebenfalls 50 € Gewinn erzielen. Damit das gelingt, muss das Unternehmen von ihren Kunden allerdings 109,50 € verlangen. Wie kommt das?
Die Fischer KG bekommt 19 Prozent Ihres Bruttoeinkaufspreises als Vorsteuer vom Finanzamt zurück. Ihr Nettoeinkaufspreis liegt also bei 42,02 Euro (50/119 x 100). Die Fischer KG muss andererseits auf ihren Nettoverkaufspreis 19 Prozent aufschlagen und diesen Betrag als Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Möchte die Fischer KG 50 Euro Gewinn erzielen, muss sie demzufolge mit einem Nettoverkaufspreis von 92,02 Euro kalkulieren (42,02+50). Schlägt sie auf diesen 19 % Umsatzsteuer auf, ergibt das einen Bruttoverkaufspreis von 109,50 Euro (92,02/100 x 119).
Die Kunden werden lieber bei Julia einkaufen, da sie die Rollschuhe bei ihr günstiger bekommen. Julia hat dadurch gegenüber der Fischer KG einen Wettbewerbsvorteil.
Der Wettbewerbsvorteil im Privatkundengeschäft relativiert sich jedoch gegenüber Geschäftskunden, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und die Vorsteuer vom Finanzamt erstattet bekommen.
Die in § 19 UStG geregelte steuerrechtliche Vereinfachung erspart Kleinunternehmern viel bürokratischen Aufwand. Trotzdem muss man sich gut überlegen, ob die Kleinunternehmerreglung wirklich sinnvoll für das eigene Unternehmen ist.
Für kleine Unternehmen und Existenzgründer, die in erster Linie im B2B-Geschäft tätig sind oder vor allem in der Anfangsphase mit hohen Betriebsausgaben und Investitionen rechnen, kann es durchaus von Vorteil sein, sich für die Regelbesteuerung zu entscheiden. Sie bekommen die gezahlte Vorsteuer vom Finanzamt erstattet.
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