Ein Bewerbungsgespräch führen – so geht es richtig
Das Jobinterview ist der entscheidende Moment im Bewerbungsprozess. Jetzt werden die mehr oder weniger unpersönlichen Angaben aus Lebenslauf oder CV auf einmal zu Menschen aus Fleisch und Blut, die es zu beurteilen gilt. Während Sie die Vorauswahl noch auf der Basis von Hard Skills wie Ausbildung, Qualifikation und Spezialkenntnissen treffen konnten, geht es jetzt vor allem um Persönlichkeit, Motivation, Kommunikationsfähigkeiten und das generelle Auftreten – also die Soft Skills – des Bewerbers.
Wer keine Erfahrung darin hat, ein professionelles Vorstellungsgespräch zu führen, begeht hierbei schnell Anfängerfehler. Dazu gehört es beispielsweise, sich von Sympathien und persönlichen Befindlichkeiten beeinflussen zu lassen, entscheidende Fragen zur Einschätzung des Bewerbers zu vergessen oder die Gespräche so ungesteuert fließen zu lassen, dass sich die Kandidaten am Ende nur schwer vergleichen lassen.
Unser Leitfaden für das Vorstellungsgespräch soll Ihnen dabei helfen, diese Fehler zu vermeiden und professionelle Interviews zu führen, sodass Sie am Ende den Bewerber finden, der am besten in Ihr Unternehmen passt.
Das optimale Vorstellungsgespräch: Ein Leitfaden für Arbeitgeber
Ein Vorstellungsgespräch soll Ihnen als Arbeitgeber erleichtern, die besten Kandidaten für freie Stellen im Unternehmen zu finden. Dieses Ziel sollten Sie während des Gesprächs niemals aus den Augen verlieren. Dazu gehört es nicht nur, die Bewerber neutral zu beurteilen und die richtigen Fragen zu stellen, sondern auch eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu schaffen, in der sich die Kandidaten wohlfühlen. Die wichtigsten Voraussetzungen dafür sind vor allem eine gute Vorbereitung und ein klar strukturierter Gesprächsverlauf.
Außerdem ist es hilfreich, wenn Sie sich vorher einen zeitlichen Rahmen überlegen, den Sie im Hinterkopf behalten, während Sie das Bewerbungsgespräch führen. So vermeiden Sie, dass sich einige Phasen zu sehr in die Länge ziehen und die wichtigsten Punkte am Ende nur noch stichwortartig abgehandelt werden können, weil schon der nächste Bewerber wartet. Insgesamt sollte das Gespräch maximal eine Stunde dauern, besser sind 45 Minuten. Das hilft nicht nur dem aufgeregten Kandidaten, sondern auch Ihnen, wenn Sie mehrere Interviews nacheinander führen müssen.
Der optimale Ablauf eines Vorstellungsgesprächs könnte in etwa so aussehen:
- Begrüßung und Vorstellung aller Anwesenden (5 Minuten)
- Befragung des Bewerbers (15 bis 20 Minuten)
- Präsentation des Unternehmens (5 bis 10 Minuten)
- Rückfragen (10 Minuten)
- Abschluss (5 Minuten)
Beschäftigen Sie sich vorher mit Themen wie Körpersprache und nonverbale Kommunikation. So können Sie nicht nur die unbewussten Signale Ihres Gegenübers besser deuten, sondern auch selbst zu einer positiven Gesprächsatmosphäre beitragen. Gesten, die Interesse, Respekt und Wertschätzung signalisieren, tragen dazu bei, dass sich der Bewerber wohlfühlt, seine Aufregung ablegt und sich von seiner besten Seite zeigen kann.
Ohne Vorbereitung geht nichts
Wenn Sie völlig ohne Vorbereitung ein Vorstellungsgespräch führen, merkt der Bewerber das sofort, z. B. an Fragen nach Daten und Kenntnissen, die eigentlich klar aus den Bewerbungsunterlagen hervorgehen. Das bringt nicht nur Sie in eine unangenehme Lage, sondern schadet schlimmstenfalls Ihrem Unternehmen; nämlich dann, wenn hochqualifizierte Kandidaten abspringen, weil sie sich und ihre Kompetenzen nicht ausreichend gewürdigt sehen.
Auch schlechte Organisation und chaotische Abläufe rücken Sie als Arbeitgeber in ein schlechtes Licht. Vermeiden Sie unbedingt organisatorische Fehler wie:
- Das Personal am Empfang ist nicht über das Bewerbungsgespräch informiert.
- Der Bewerber muss lange warten, bevor das Gespräch beginnt.
- Die Bewerbungsunterlagen lagen nicht allen Gesprächsteilnehmern vor.
- Der Meeting Raum ist bereits anderweitig vergeben und das Gespräch muss unterbrochen werden.
Natürlich sind wir alle nur Menschen und solche Pannen können trotz guter Vorbereitung passieren. Dann liegt es an Ihnen, das möglichst souverän zu kommunizieren und den Bewerber um Verständnis zu bitten. Das Eingeständnis von Fehlern und eine ernst gemeinte Entschuldigung wirken wesentlich sympathischer, als wenn Sie nervös versuchen, die Situation zu ignorieren oder herunterzuspielen.
Nehmen Sie sich also unbedingt Zeit für die Vorbereitung. Lesen Sie aufmerksam die vollständigen Bewerbungsunterlagen des Kandidaten und machen Sie sich Notizen, damit Sie die wichtigsten Informationen im Gespräch abrufbereit haben. Das gilt auch für unstimmige Punkte wie Lücken im Lebenslauf oder Themen, die Sie interessieren, z. B. warum sich der Bewerber für einen bestimmten Arbeitsplatz, Studiengang etc. entschieden hat. All das zeigt, dass Sie sich mit dem Werdegang des Kandidaten auseinandergesetzt haben und ehrlich an ihm interessiert sind.
Wenige Stunden vor dem Gespräch sollten Sie noch einmal die organisatorischen Aspekte prüfen. Dazu gehört, dass Sie alle beteiligten Kollegen an den Termin erinnern, ggf. den Meetingraum vorbereiten und dafür sorgen, dass die Mitarbeiter am Empfang Bescheid wissen, sodass Sie den Bewerber (im besten Fall mit seinem Namen) begrüßen können.
Die 5 Phasen des Bewerbungsgesprächs: Das Wichtigste für Arbeitgeber
Als Arbeitgeber oder dessen Vertreter können Sie entspannt in Bewerbungsgespräche gehen. Selbst wenn Sie nur wenig Erfahrung haben, können Sie das mit guter Vorbereitung und souveränem Auftreten vor den Kandidaten verbergen. Aber Vorsicht: Souveränes Auftreten bedeutet nicht, dass Sie den Bewerber von oben herab, schlimmstenfalls wie einen Bittsteller, behandeln. Im Gegenteil, eine respektvolle Begegnung auf Augenhöhe zeigt Professionalität und Erfahrung im Umgang mit (zukünftigen) Mitarbeitern.
Es hilft außerdem, wenn Sie sich an Ihre eigenen Vorstellungsgespräche zurückerinnern, sich Ihre Nervosität ins Gedächtnis rufen und überlegen, welches Gegenüber Ihnen in diesen Situationen am angenehmsten war. Wenn Sie das in allen Phasen des Interviews berücksichtigen, merkt der Bewerber, dass es nicht nur um einen automatisierten Auswahlprozess geht, sondern dass Sie die Situation für ihn so angenehm wie möglich gestalten wollen.
Begrüßung und Vorstellung der Teilnehmer
Begrüßen Sie den Bewerber mit einer offenen, freundlichen Geste und lassen Sie ihm kurz Zeit, im Raum und in der Situation anzukommen, bevor Sie das eigentliche Bewerbungsgespräch führen. Damit kein unangenehmes Schweigen entsteht, überbrücken Sie diese Zeit am besten mit Small Talk, z. B. mit Fragen zur Anreise, zum Eindruck von der Stadt (falls er von einem anderen Ort angereist ist) oder Bemerkungen zum Wetter. Das hilft ihm dabei, sich zu akklimatisieren und vor dem wichtigen Gespräch kurz durchzuatmen.
Anschließend stellen Sie als Überleitung zum Bewerbungsgespräch die weiteren Anwesenden mit Namen und Positionen im Unternehmen vor. Gut ist es, an dieser Stelle kurz auszuführen, warum die Person am Gespräch teilnimmt und in welchem Arbeitsverhältnis sie ggf. zum Kandidaten steht, falls er die Stelle bekommt.
Verhalten Sie sich in dieser Situation ruhig und entspannt. Das nimmt dem Bewerber etwas von seiner Aufregung.
Befragung des Bewerbers
Nun beginnt das eigentliche Bewerbungsgespräch. Als Arbeitgeber wollen Sie natürlich zuerst herausfinden, warum sich der Bewerber für die Stelle interessiert und welche Fähigkeiten er mitbringt, von denen das Unternehmen profitieren kann. Vergessen Sie darüber aber nicht, ihn nach seinen Vorstellungen von seiner zukünftigen Arbeit und einem guten Arbeitgeber zu fragen. Es geht schließlich darum, dass sich beide Seiten gleichermaßen kennenlernen. Es ist besser, bereits an dieser Stelle herauszufinden, dass man die gegenseitigen Erwartungen nicht erfüllen kann, als sich später über eine falsche Entscheidung zu ärgern.
Dieser Teil kann schnell in ein reines Frage-Antwort-Spiel (oder bei mehreren Teilnehmern in ein Kreuzverhör) ausarten. Versuchen Sie einen möglichst natürlichen Gesprächsfluss entstehen zu lassen, indem Sie nach ein oder zwei Einstiegsfragen auf die Antworten des Bewerbers eingehen und das Gespräch mit gezielten tiefer gehenden Fragen in die gewünschte Richtung lenken.
Machen Sie sich in dieser Phase möglichst viele Notizen, nicht nur von den Antworten des Bewerbers, sondern auch zum Eindruck, den Sie von ihm haben. So können Sie sich das Gespräch später besser in Erinnerung rufen und leichter eine Entscheidung treffen.
Präsentation des Unternehmens
Nun sind Sie an der Reihe, das Unternehmen näher vorzustellen und dem Bewerber einen Eindruck von seiner zukünftigen Arbeit zu vermitteln. Verlieren Sie sich nicht in ausufernden Monologen zur Firmengeschichte oder in der Aufzählung von Informationen, die leicht auf der Firmenwebsite zu finden sind.
Überlegen Sie sich vorher, welche Informationen für einen Bewerber wichtig sind, und legen Sie den Fokus dementsprechend auf die Bedeutung der zu besetzenden Stelle. Erklären Sie kurz die Funktion im Team, die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen sowie mögliche Entwicklungschancen dieser Position und die Bedeutung für die allgemeinen Zukunftsziele des Unternehmens, sofern dies möglich ist.
Versuchen Sie dem Bewerber an dieser Stelle ein möglichst realistisches Bild des Unternehmensalltags zu geben. So vermeiden Sie von vornherein Enttäuschungen und Unzufriedenheit, die zur Belastung für Kollegen werden und die Stimmung im Team vergiften können.
Rückfragen
Nun hat der Bewerber Zeit, Fragen zu stellen, die ganz allgemein Abläufe im Unternehmen oder konkret seine zukünftige Rolle betreffen können. Auch hier ist es wichtig, offen und ehrlich zu antworten, solange Sie dabei keine Firmengeheimnisse verraten.
Seien Sie sich bewusst, dass ein Bewerber mit seinen Fragen auch Probleme des Unternehmens ankratzen könnte. Bereiten Sie sich auf diesen Fall vor, indem Sie sich vorher mit Kollegen und Vorgesetzten beraten, wie Sie auf diese Themen reagieren und eventuell ausweichend antworten können, ohne den Bewerber anzulügen.
Abschluss
Nachdem alle Fragen des Bewerbers geklärt sind, ist es üblich, den weiteren Ablauf kurz zu umreißen. Geben Sie einen ungefähren Zeitraum für die Rückmeldung an und klären Sie die wichtigsten Rahmenbedingungen für den Arbeitsvertrag. Dazu gehören u. a. der frühestmögliche Arbeitsantritt, Gehaltsvorstellungen, Urlaubstage und Vertragsart (befristet oder unbefristet).
Danach bedanken Sie sich freundlich für das Gespräch und geleiten den Kandidaten zur Tür.
Nachbereitung als Erinnerungshilfe
Wenn eine Stelle neu zu besetzen ist, werden Sie vermutlich nicht nur ein Bewerbungsgespräch führen, sondern eine Vielzahl an möglichen Kandidaten einladen. Zieht sich der Auswahlprozess über mehrere Wochen hin, passiert es schnell, dass die Erinnerungen an die ersten Gespräche bereits verschwimmen oder wichtige Details in Vergessenheit geraten.
Damit Sie auch nach einiger Zeit noch eine fundierte Wahl treffen können, sollten Sie nach jedem Gespräch Ihre Notizen aufarbeiten und wenn möglich in standardisierte Bewertungsbögen übertragen, die den Vergleich aller Kandidaten erleichtern.