Die Ausschreibung – Suche nach Vertragsangeboten für öffentliche Projekte

Aufträge von öffentlichen Auftraggebern wie Bund, Ländern und Gemeinden sind begehrt. Um sicherzustellen, dass alle Unternehmen die gleichen Chancen haben, ist die Ausschreibung solcher Aufträge vom Gesetzgeber vorgeschrieben. So können sich alle interessierten Unternehmen innerhalb einer festgelegten Frist bewerben, bevor im Anschluss von einer offiziellen Vergabestelle entschieden wird, welches Angebot am besten zu den Vorstellungen des Auftraggebers passt.

Die gesetzlichen Grundlagen für das deutsche Vergaberecht sind das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) und die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV).

Was ist eine Ausschreibung und welche Arten gibt es?

Eine Ausschreibung ist laut Definition eine öffentliche und schriftliche Aufforderung zur Abgabe eines Angebots für die in der Ausschreibung genannten Leistungen (z. B. Produktlieferung oder Dienstleistung). Ausschreibungen werden von Unternehmen der Privatwirtschaft, Privatpersonen sowie der öffentlichen Hand genutzt.

Öffentlich-rechtliche Auftraggeber sind in der Regel zu Ausschreibungen gesetzlich verpflichtet, und es gelten bestimmte nationale bzw. EU-weite Regelungen für Ausschreibungsverfahren.

Ausschreibungen für staatlich finanzierte Projekte müssen allen Unternehmen, die in Frage kommen, gleichermaßen zugänglich sein und werden deshalb schriftlich in Fachzeitschriften oder auf einschlägigen Onlineportalen veröffentlicht. Andere gängige Bezeichnungen für die Ausschreibung sind Submission oder Verdingung.

In Deutschland und auch europaweit sind öffentliche Institutionen von Bund, Ländern und Gemeinden (z. B. Behörden, Institute) sowie Gewerbeunternehmen, die für ihre Projekte staatliche Fördergelder in einer bestimmten Höhe erhalten, gesetzlich dazu verpflichtet, jedes geplante Projekt (öffentlich) auszuschreiben, bevor sie ein Unternehmen damit beauftragen. Der Hintergrund dieses Vergabeverfahrens ist, dass öffentliche Gelder (z. B. aus Steuereinnahmen) möglichst sparsam und effizient eingesetzt werden sollen. Darüber hinaus dient es als Mittel gegen Korruption und Vetternwirtschaft bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Inzwischen nutzen zunehmend auch Unternehmen aus der Privatwirtschaft Ausschreibungen, um das wirtschaftlichste Angebot für ein bestimmtes Projekt zu erhalten. Die Hauptgründe dafür sind allerdings eher Kostenminimierung und Steigerung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens.

Im Gegensatz zu den öffentlichen Auftraggebern sind die gewerblichen Unternehmen nicht an die gesetzlichen Regelungen der Vergabeverordnung gebunden, die in den Paragrafen 15 bis 19 folgende Verfahrensarten unterscheidet:

  • Offenes Verfahren: Das offene Verfahren stellt den Regelfall der öffentlichen Ausschreibung dar. Es kommt also immer dann zum Einsatz, wenn es keine besonderen Umstände gibt, die die Durchführung eines abweichenden Verfahrens erfordern. Im offenen Verfahren können eine unbegrenzte Anzahl von Unternehmen ihre Angebote einreichen. Es ist damit eine optimale Umsetzung des freien Wettbewerbs. Dennoch gelten gewisse Vergaberichtlinien, die die Eignung und Fachkunde der Bewerber sicherstellen. Weiteres dazu erfahren Sie im Abschnitt über den Ablauf des Vergabeverfahrens.
     
  • Nichtoffenes Verfahren: Dieses Verfahren schränkt im Voraus den Kreis der möglichen Bieter ein, was nur in Ausnahmefällen zulässig ist. Mögliche Gründe wären z. B., dass die Verwaltungskosten eines offenen Verfahrens den Auftragswert um ein Vielfaches übersteigen oder dass ein früheres offenes Verfahren erfolglos geblieben ist. Auch besonders dringende Aufträge oder Projekte mit hoher Geheimhaltungseinstufung können eine vorausgehende Einschränkung des Bieterkreises erfordern.
     
  • Verhandlungsverfahren: In dieser Verfahrensform wird nach der Ausschreibung und der Auswahl geeigneter Bewerber direkt über einzelne Vertragsbedingungen verhandelt. Eine reine Preisverhandlung ist in diesem Verfahren ebenfalls erlaubt. Es ist deshalb nur zulässig, wenn offenes und nichtoffenes Verfahren als unzweckmäßig eingestuft werden. Das Verhandlungsverfahren steht eigentlich im Widerspruch zu Chancengleichheit und offenem Wettbewerb.
     
  • Wettbewerblicher Dialog: In einigen Fällen ist dem Auftraggeber zwar klar, welches Ergebnis ein Auftrag haben soll, aber nicht, welcher Lösungsweg sich dafür am besten eignet. Dafür ist der wettbewerbliche Dialog gedacht, der eine Mischform aus dem nichtoffenen und dem Verhandlungsverfahren ist. Dabei werden in einem ersten Schritt alle Einzelaspekte des Vertrags mit den geeigneten Bewerbern ausgehandelt, die im zweiten Schritt als Grundlage für eine Ausschreibung dienen, auf die sich die beteiligten Unternehmen dann bewerben können. Dem wettbewerblichen Dialog geht meist ein Teilnahmewettbewerb voraus, in dem Unternehmen ihre besondere Eignung für den Auftrag und ggf. Referenzen darlegen.
     
  • Innovationspartnerschaft: Dieses Vergabeverfahren ist die Weiterführung des wettbewerblichen Dialogs. Hier ist nicht nur unklar, welche Lösung die beste ist, um ans Ziel zu gelangen, sondern es kommt überhaupt keine der bekannten gängigen Methoden in Frage. Aus diesem Grund entwickelt der Auftraggeber zusammen mit dem jeweiligen Unternehmen neue Methoden oder Produkte, mit denen das vorgegebene Ziel anschließend erreicht werden kann. Der Bieter wird nicht nur mit der Entwicklung des Lösungswegs, sondern anschließend auch ohne neue Ausschreibung mit der Umsetzung beauftragt. Auch einer Innovationspartnerschaft geht ein Teilnahmewettbewerb voraus.

Unterschied zwischen nationaler und europaweiter Ebene

Die Europäische Gesetzgebung hat die zuvor gültigen nationalen Vergabeordnungen deutlich verändert. In den entsprechenden EU-Richtlinien ist festgelegt, dass (und wie) die Mitgliedstaaten ihre Vergabeverfahren ab einem bestimmten Auftragswert an das Government Procurement Agreement (GPA) der Welthandelsorganisation (dt. Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen) anpassen. Konkret bedeutet das: Liegt die Auftragssumme über einem entsprechenden europäischen Schwellenwert, gilt bei der Vergabe des Auftrags europäisches Recht. In diesem Zuge ist auch festgelegt, dass die Ausschreibung von Projekten oberhalb der Schwellenwerte europaweit erfolgen muss.

Die EU-Kommission berechnet die Schwellenwerte alle zwei Jahre neu, um eventuelle Wechselkursschwankungen auszugleichen. Für Bauaufträge gilt seit dem 1. Januar 2018 beispielsweise ein Schwellenwert von 5.548.000 Euro.

Bei Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte gilt weiterhin das jeweilige nationale Vergabeverfahren. In Deutschland kommen als Verfahrensarten die öffentliche Ausschreibung (entspricht dem oben beschriebenen offenen Verfahren), die beschränkte Ausschreibung (nichtoffenes Verfahren) sowie die freihändige Vergabe (Verhandlungsverfahren) in Frage. Aufträge unterhalb der Schwellenwerte müssen zwar nicht europaweit ausgeschrieben werden, es können sich aber Unternehmen aus allen EU-Mitgliedstaaten sowie aus Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz auf eine Ausschreibung bewerben. Sie unterliegen bei Bewerbung, Vergabe und Durchführung allerdings den jeweiligen nationalen Vorgaben der Vergabestelle.

Wo werden die Ausschreibungen veröffentlicht?

Die verschiedenen Gesetzestexte legen klar fest, dass offene Ausschreibungen veröffentlicht und auf diese Weise allen interessierten Unternehmen bekannt gemacht werden müssen. Die ersten Anlaufstellen dabei sind Tageszeitungen, spezialisierte Publikationen wie das Deutsche Ausschreibungsblatt oder der Submissions-Anzeiger, Fachzeitschriften der jeweiligen Branchen sowie lokale Amtsblätter (bei der Vergabe von kommunalen Projekten). Neben den Printmedien stehen verschiedene Onlineportale zur Verfügung. In Frage kommen der Bereich für Ausschreibungen auf bund.de, das Verwaltungsportal des Bundes, aber auch regionale Vergabeportale wie das von Hamburg oder Bayern.

Liegt der Auftragswert über den festgelegten Schwellenwerten, müssen alle Informationen an das Amtsblatt der Europäischen Union geschickt werden, das die Informationen auf TED (Tenders Electronic Daily, einem eigenen Onlineportal für das öffentliche europäische Auftragswesen, veröffentlicht.

Wie bewirbt man sich auf eine Ausschreibung?

Wenn sich ein Unternehmen für einen der ausgeschriebenen Aufträge interessiert, kann es beim Auftraggeber bzw. bei der Vergabestelle die entsprechenden Vergabeunterlagen anfordern. Darin sind entsprechend des Paragrafen 29 der Vergabeverordnung alle Details des geplanten Projekts, die erwartete Leistungsbeschreibung sowie die erforderlichen Unterlagen und die Vorgaben zur Eignung der Bewerber festgehalten.

Generell gelten die folgenden Anforderungen für alle Teilnehmer an einem Vergabeverfahren:

  • Sie müssen das notwendige Fachwissen durch entsprechende Zeugnisse (Meisterbriefe, Gewerbeerlaubnis, Handelsregisterauszug, Zertifikate, Weiterbildungsnachweise, Referenzen) nachweisen können.
     
  • Die Leistungsfähigkeit des Unternehmens muss durch eine Auflistung der zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen deutlich werden.
     
  • Führungszeugnisse sowie die Nachweise über fristgerechte Steuer-, Beitragszahlungen etc. beweisen, dass es sich um ein verantwortungsbewusstes und zuverlässiges Unternehmen handelt.

Es können weitere projektspezifische Eignungsvorgaben hinzukommen.

Wenn das Unternehmen alle Vorgaben erfüllt und auch weiterhin an dem Auftrag interessiert ist, sendet es die unbedingt vollständigen und fehlerfreien Angebotsunterlagen an die jeweilige Vergabestelle, die sich nach Ablauf der entsprechenden Bewerbungsfrist um die Prüfung der Unterlagen kümmert.

Hinweis

Bei der Einsendung der Angebotsunterlagen müssen alle formellen Vorgaben erfüllt werden. Formfehler wie nicht ordnungsgemäß verschlossene Briefumschläge, Unterschriften ohne Datums- und Ortsangabe, die Verwendung von Geschäftspapier mit den eigenen AGB auf der Rückseite oder Korrekturen und Veränderungen beim Ausfüllen der Unterlagen führen direkt zum Ausschluss vom Vergabeverfahren.

Präqualifizierung

Um ihre generelle Eignung nachzuweisen, können sich Unternehmen bei einer sogenannten Präqualifizierungsdatenbank registrieren und dort ihre Daten hinterlegen. Das erleichtert ihnen die Bewerbung auf eine offizielle Ausschreibung, weil die erforderlichen Daten bereits gesammelt und übersichtlich zur Verfügung stehen. Gleichzeitig erhält die Vergabestelle auf diese Weise leicht vergleichbare Datensätze, die sie schneller auf ihre Eignung für das jeweilige Projekt hin prüfen kann.

Zurzeit stehen zwei Präqualifizierungsdatenbanken zur Verfügung: die Datenbank des Vereins für die Präqualifizierung von Bauunternehmen e. V. sowie die Datenbank für Unternehmen aus dem Bereich Lieferung und Leistung, die von den regionalen Industrie- und Handelskammern gepflegt wird.

Ablauf eines Vergabeverfahrens im Überblick

Die folgenden Schritte zeigen noch einmal übersichtlich den Ablauf eines offenen Verfahrens (bzw. einer öffentlichen Ausschreibung). Sie gelten für alle Vergabeverfahren mit der Ausnahme, dass beim nichtoffenen Verfahren (beschränkte Ausschreibung) sowie beim Verhandlungsverfahren (freihändige Vergabe) keine öffentliche Ausschreibung erfolgt, sondern in einem Teilnahmewettbewerb ermittelt wird, welche Bewerber die vollständigen Vergabeunterlagen erhalten und Angebote abgeben dürfen.

  1. Zunächst stellt eine öffentliche Einrichtung einen Bedarf fest, auf dessen Grundlage ein bestimmtes Ziel sowie alle notwendigen Maßnahmen für dessen Realisierung in einer entsprechenden Leistungsbeschreibung definiert werden.
     
  2. Die Vergabeunterlagen werden erstellt. Sie beschreiben bis ins Detail, welche Leistungen erwartet werden, welche besonderen Eignungen für die Durchführung nötig sind und welche Vertragsbedingungen gelten.
     
  3. Die Festlegung des Vergabeverfahrens erfolgt auf Grundlage der erwarteten Leistung, der Anforderungen an die Bewerber und der Kostenkalkulation. Dabei ist das offene Verfahren immer der Regelfall, von dem nur unter bestimmten Bedingungen abgewichen werden kann.
     
  4. Veröffentlichung der Ausschreibung in den geeigneten Print- und Onlinemedien, mit einem Hinweis, wo interessierte Unternehmen die vollständigen Ausschreibungsunterlagen anfordern bzw. herunterladen können.
     
  5. Interessierte Unternehmen reichen die vollständig ausgefüllten Angebotsunterlagen inklusive aller erforderlichen Zeugnisse, Referenzen, Preiskalkulationen, Leistungsbeschreibungen und Erklärungen ein.
     
  6. Die Vergabestelle bewahrt die eingegangenen Unterlagen bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist an einem manipulationssicheren Ort auf und öffnet sie erst am zuvor festgelegten Datum.
     
  7. Die Angebote werden direkt bei der Öffnung einer formellen Prüfung unterzogen. Unterlagen mit Formfehlern werden sofort ausgeschlossen.
     
  8. Die formgerechten Angebote werden inhaltlich geprüft und bewertet. Dabei werden sowohl die Qualifikation des Unternehmens und seiner Mitarbeiter als auch die Preisgestaltung untersucht – letztere im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit innerhalb des Unternehmens wie gegenüber den Konkurrenzangeboten.
     
  9. Auf Basis von Eignung und Wirtschaftlichkeit entscheidet die Vergabestelle, welches Unternehmen den Zuschlag erhält. In Ausnahmefällen, z. B. wenn keiner der Bieter für die Durchführung in Frage kommt, kann die Ausschreibung aufgehoben werden.
     
  10. Bei Ausschreibungen auf europäischer Ebene werden aus Gründen des Rechtsschutzes zuerst jene Teilnehmer schriftlich informiert, die den Zuschlag nicht erhalten haben. Sie erfahren die Ablehnungsgründe und auch den Namen des erfolgreichen Bieters. Erst danach geht die schriftliche Benachrichtigung auch an den erfolgreichen Bieter. Bei nationalen Ausschreibungen erfahren die Bieter nur die Gründe für die Ablehnung.

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