Kostenvoranschlag: Kosten und Verbindlichkeit
Geld wächst bekanntermaßen nicht auf Bäumen – deshalb will oder muss man manchmal einfach schon im Voraus wissen, wie viel Geld man für Malerarbeiten, eine Autoreparatur oder ein großes Bauvorhaben parat haben muss. Ein Kostenvoranschlag kann als Grundlage dienen, um sich einen Überblick über die zu erwartenden Kosten zu verschaffen, sein Budget durchzukalkulieren und mehrere Anbieter derselben Dienstleistung miteinander zu vergleichen.
Doch viele Kunden sind sich unsicher: Kostet der Kostenvoranschlag selbst schon etwas? Ist er überhaupt verbindlich? Und was passiert eigentlich, wenn der Beauftragte über die veranschlagte Summe hinausschießt? Wir beantworten diese und weitere Fragen.
Was ist ein Kostenvoranschlag?
Ein Kostenvoranschlag – im BGB als „Kostenanschlag“ geregelt – enthält die voraussichtlich anfallenden Kosten für die Umsetzung eines spezifischen Auftrags. Anhand solch einer mehr oder weniger genauen Schätzung kann sich der Auftraggeber einen Überblick darüber verschaffen, für welchen Preis ein Unternehmen seine Dienstleistung anbietet und ob die entstehenden Kosten (etwa für Arbeitskraft und Materialien) realistisch sind.
Definition: Gemäß IHK ist ein Kostenvoranschlag eine durch den Unternehmer durchgeführte, fachmännische Berechnung der voraussichtlichen Kosten, die bei der Umsetzung eines Dienstleistungsauftrags anfallen.
Kostenvoranschläge sind in vielen Branchen möglich, kommen aber insbesondere in der Technik (z. B. Bauwesen, Handwerksarbeiten, Kfz-Instandsetzung, Elektrotechnik), im Finanzwesen (z. B. Lebensversicherungen) und in der Medizin (z. B. (zahn)ärztliche Zusatzleistungen) zur Anwendung – also in Bereichen, in denen umfangreiche, hochpreisige und langfristige Aufträge üblich sind. Bei diesen empfehlen Verbraucherschützer grundsätzlich, vor der endgültigen Auftragserteilung einen detaillierten Kostenvoranschlag einzuholen, der sämtliche Kostenpunkte transparent und nachvollziehbar auflistet.
Was muss in einem Kostenvoranschlag stehen?
Bei den angegebenen Kosten kann es sich sowohl um genaue Beträge als auch um grob geschätzte Circa-Angaben handeln. Abgesehen davon muss der Kostenvoranschlag in jedem Fall auch aufschlüsseln, auf welcher Berechnungsgrundlage diese Schätzungen basieren.
Ein professioneller Kostenvoranschlag sollte deshalb grundsätzlich schriftlich formuliert werden und folgende Informationen enthalten:
- Art und Umfang der zu erledigenden Arbeiten
- Die Arbeitszeit, die dafür vonnöten sein wird
- Die Kosten für die beschäftigten Arbeitskräfte
- Das notwendige Material und die damit verbundenen Kosten
- Der Zeitraum, für den der Kostenvoranschlag gültig ist (hierfür existieren keine gesetzlichen Regelungen, sodass ein Unternehmen die Gültigkeitsdauer selbst bestimmen kann)
Lesen Sie die Angaben im Kostenvoranschlag immer ganz genau, um grobe Fehler wie etwa verrutschte Kommastellen in Geldbeträgen (z. B. 1.100,00 Euro anstatt 110,00 Euro) ausfindig zu machen, bevor Sie den Auftrag erteilen. Ansonsten kann es später zum Streitfall kommen.
Viele Unternehmen bieten ihren Kunden beim Kostenvoranschlag darüber hinaus mehrere verschiedene Optionen an, die sie nach Belieben hinzu- oder abwählen können, um den veranschlagten Preis damit zu beeinflussen – etwa bei Versicherungspaketen.
Sind Sie Unternehmer? Dann könnten Sie unsere kostenlosen Word- und Excel-Vorlagen für Kostenvoranschläge interessieren.
Was darf ein Kostenvoranschlag kosten?
Die Anfertigung eines Kostenvoranschlags kostet eine gewisse Arbeitszeit, und diese wollen sich viele Unternehmen verständlicherweise vergüten lassen – insbesondere wenn es um umfangreiche Planungen, komplexe Kalkulationen oder sogar Entwürfe geht. Das Gesetz vertritt hier den Standpunkt, dass es dem Unternehmer freisteht, eine Vergütung vom Kunden zu verlangen – üblich sind festgelegte Pauschalen oder aber Beträge von bis zu 10 Prozent des Auftragswerts. Diese werden bei Zustandekommen eines Vertrags jedoch üblicherweise rückerstattet oder mit dem Auftrag gegengerechnet. Ist der Kunde mit einer Vergütung nicht einverstanden, kann der Unternehmer die Ausstellung eines Kostenvoranschlags auch ablehnen.
Eine konkrete Vergütungspflicht ist gemäß § 632 Abs. 3 BGB aber nicht vorgesehen, denn das deutsche Recht geht davon aus, dass ein Kostenvoranschlag der Werbung zuzurechnen ist und deshalb einzig und allein in die Interessenssphäre des Unternehmers fällt. Dies bedeutet folglich, dass ein Kostenvoranschlag nur dann zu vergüten ist, wenn dies vorher ausdrücklich und vertraglich vereinbart wurde. Eine entsprechende Klausel und die Angabe eines Pauschalbetrags in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) reichen laut Rechtsprechung unter keinen Umständen aus OLG Köln, Beschl. V. 27.06.2011 – 19 U 45/11.
Ist ein Kostenvoranschlag verbindlich?
Nein. Zwar können und sollten Sie als Kunde den Kostenvoranschlag per Unterschrift auf förmliche Weise annehmen, um im Streitfall eine Verhandlungsgrundlage zu haben. Der mit diesem Inhalt zustande kommende Vertrag ist aber in jedem Fall rechtlich unverbindlich – und zwar für beide Seiten.
Das bedeutet: Der Unternehmer übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit der gemachten Angaben, denn gemäß § 650 BGB handelt es sich dabei lediglich um eine Kostenschätzung, nicht um den endgültigen Preis (anders als bei einem Angebot). Dieser Umstand ist aber nicht jedem Kunden klar, weshalb viele Unternehmen explizit darauf hinweisen, etwa mit der Phrase „Dieser Kostenvoranschlag ist unverbindlich“.
Dennoch bleiben Abweichungen von den ursprünglichen Vereinbarungen nicht ohne Konsequenzen für das Unternehmen, an das Sie den Auftrag erteilt haben. Hierbei ist jedoch entscheidend, ob es sich um eine unwesentliche oder eine wesentliche Überschreitung der veranschlagten Kosten handelt.
Kostenvoranschlag: Abweichungen im unwesentlichen Rahmen
In der Regel muss es der Kunde tolerieren, wenn die tatsächlichen Kosten und/oder die Umsetzungsdauer eines Auftrags in einem gewissen Rahmen vom ursprünglichen Kostenvoranschlag abweichen. Wann diese Abweichung als unwesentlich beurteilt wird, hängt jedoch vom Einzelfall ab.
Zwar gibt es keine gesetzlichen Vorschriften, inzwischen hat sich durch die Rechtsprechung aber eine Leitlinie etabliert, die Unternehmer dazu anhalten soll, die Kosten eines Auftrags seriös und vorausschauend zu kalkulieren. Demnach gilt eine Kostenvoranschlags-Überschreitung von 10 Prozent noch als unwesentlich. Ab 15 bis 20 Prozent ist dagegen von einer wesentlichen Überschreitung die Rede, in seltenen Fällen werden auch mal 25 Prozent gerichtlich anerkannt. Die Grenze ist umso niedriger anzusetzen, je einfacher ein Auftrag zu kalkulieren ist.
Kostenvoranschlag: Folgen wesentlicher Überschreitungen
Die inhärente Unverbindlichkeit des Kostenvoranschlags bedeutet aber nicht, dass er ohne jegliche Rechtsfolgen bis ins Unbestimmte überschritten werden kann. Wesentliche Überschreitungen jenseits der zuvor genannten Orientierungswerte haben nämlich zweierlei zur Folge:
Informationspflicht für Unternehmer
Sobald eine wesentliche Überschreitung zu erwarten ist, muss der Unternehmer den Kunden unverzüglich darüber in Kenntnis setzen (§ 650 Abs. 2 BGB). Dies gibt Letzterem die Chance, sich zu entscheiden, ob er den Vertrag zu einem höheren Preis weiterführen will. In diesem Fall sollte die maximal zu erwartende Überschreitung vertraglich festgemacht werden, um sich nicht in einen Teufelskreis immer neuer Überschreitungen zu begeben.
Außerordentliches Kündigungsrecht für Kunden
Die zweite Option des Kunden besteht darin, das Vertragsverhältnis aufzukündigen. Zu diesem Schritt sollte vor allem dann gegriffen werden, wenn der Unternehmer den Kostenvoranschlag schuldhaft zu niedrig angelegt hat, er seiner Informationspflicht nicht nachgekommen ist oder die Mehrkosten vermeidbar gewesen wären. In diesen Fällen kann der Kunde gemäß § 650 BGB von seinem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen. Der Unternehmer kann dann nur den Teil der Vergütung einfordern, der den bereits geleisteten Arbeiten entspricht, zuzüglich der nicht in der Vergütung enthaltenen Auslagen.
Angebot vs. Kostenvoranschlag
Viele Dienstleister stellen den Kunden vor die Wahl: Kostenvoranschlag oder Angebot? Der kleine, aber entscheidende Unterschied liegt in der Verbindlichkeit der beiden Optionen:
Ein Kostenvoranschlag ist eine detaillierte Auflistung aller voraussichtlichen Kosten und darf in Rechnung gestellt werden. Da er aber rechtlich unverbindlich ist, darf der Unternehmer die veranschlagte Summe in einem gewissen Rahmen überschreiten, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Etwas anderes gilt grundsätzlich nur, wenn die angegebenen Preisansätze ausdrücklich garantiert wurden. Für den Kunden schafft der Kostenvoranschlag also Transparenz, ist aber zugleich mit einem gewissen Kalkulationsrisiko verbunden.
Ein Angebot dagegen ist stets bindend, es sei denn, es wurde explizit als „unverbindliches Angebot“ ausgezeichnet. Einmal vom Kunden angenommen, hat der Unternehmer keine Chance mehr, es im Nachhinein zu ändern – er kann es also weder teurer machen noch den Leistungsumfang nach unten korrigieren. Dies gibt dem Kunden eine gewisse Sicherheit bei der Budgetplanung, das kurz gehaltene Angebot enthält aber auch vergleichsweise wenige Informationen über die konkrete Kostenzusammensetzung. Dafür kann es recht schnell erstellt werden und ist aufgrund des geringen Arbeitsaufwands auch immer kostenlos.
Fazit: Detaillierte Übersicht oder feste Kalkulationsgrundlage?
Als Kunde sollten Sie bei größeren Aufträgen grundsätzlich einen Kostenvoranschlag einholen, denn diesen gibt es oft kostenfrei, er liefert eine wichtige Hilfestellung zur Entscheidungsfindung und ist noch dazu völlig unverbindlich. Von dieser Unverbindlichkeit profitiert aber auch der Auftragnehmer, sodass es passieren kann, dass die tatsächlichen Kosten die ursprünglichen Schätzungen übersteigen.
Zwar können Sie bei wesentlichen Abweichungen rechtliche Schritte einleiten und den entstandenen finanziellen Schaden somit verringern. Wer keine detaillierte Kostenaufschlüsselung benötigt und stattdessen eine verlässliche Kalkulationsgrundlage haben will, sollte aber lieber ein verbindliches Angebot einholen – an diesem kann dann auch der Vertragspartner nichts mehr rütteln.
Bitte beachten Sie den rechtlichen Hinweis zu diesem Artikel.