Was ist Unternehmenskultur? Eine Frage der Einstellung
Zwar geht es in der Welt der Wirtschaft hauptsächlich um Profite und Renditen, doch viele Unternehmen möchten für mehr stehen, wollen Werte und Normen vertreten. In der Regel umfasst die Unternehmenskultur das komplette Unternehmen – von den Entscheidungen des Managements bis zur Zusammenarbeit von Angestellten. Auch nach außen hin spielt die Kultur eines Unternehmens eine große Rolle. Nicht nur Konsumenten, auch potenzielle Mitarbeiter und Investoren interessieren sich für die Werte des Unternehmens.
Unternehmenskultur: Definition des Konzepts
Wie jede Gemeinschaft hat auch ein Unternehmen oder eine andere Form von Organisation eine bestimmte Kultur. Diese wird nicht geschaffen, sondern ergibt sich aus dem Zusammenleben (oder Zusammenarbeiten) zwischen Menschen. Wie geht man miteinander um? Wie reagiert man auf Probleme? Welche Maßnahmen sind akzeptabel, um Erfolg zu garantieren?
Mehrere Faktoren bestimmen Unternehmenskultur:
- Fairness: Mit offenen Karten zu spielen und mit gleichen Maßstäben zu urteilen sorgt für Fairness – gegenüber Mitarbeitern wie auch Geschäftspartnern.
- Kritikfähigkeit: Als Unternehmen – vor allem auf der Ebene des Managements – konstruktiv auf Kritik zu reagieren, ist Anzeichen für eine positive Unternehmenskultur.
- Loyalität: Auch der Zusammenhalt unter den Mitarbeitern sowie zwischen Angestellten und Geschäftsführung sind Teil der Kultur. Verlassen Mitarbeiter bei der erstbesten Gelegenheit das Unternehmen oder betreibt das Management eine Hire-and-Fire-Politik, spricht das für keine gute Unternehmenskultur.
- Arbeitsmoral: Zufriedene Mitarbeiter, die sich dem Unternehmen, seinen Werten und Traditionen verbunden fühlen, sind bereit, mehr zu leisten.
- Wertschätzung: Eine Unternehmensführung, die versucht, eine positive Kultur zu pflegen, muss auch Wertschätzung für ihre Angestellten und deren Arbeit zeigen.
- Kommunikationsfähigkeit: Gelebte Kultur spiegelt sich auch im Grad der Kommunikation zwischen allen beteiligten wider. Ist man bereit, offen zu sprechen und auch zuzuhören, ist dies ein Zeichen von guter Unternehmenskultur.
Grob gesagt ist also die Stimmung innerhalb des Unternehmens ausschlaggebend für die Unternehmenskultur. Deshalb spricht man auch vom Betriebsklima. Dieses ist allerdings nur ein Unterpunkt. Das Betriebsklima beschreibt ausschließlich, wie die Mitarbeiter (einschließlich der Geschäftsführung) eines Unternehmens miteinander umgehen. Ist dieser soziale Umgang eher von Harmonie und Respekt geprägt, spricht man von einem guten Klima innerhalb des Betriebs.
Unternehmenskultur geht darüber hinaus: Auch wie das Unternehmen nach außen hin auftritt, wie es z. B. Geschäfte mit Partnern bestreitet, zählt man zu seiner Kultur. Allerdings darf man diese auch nicht mit der Corporate Identity und dem Corporate Image gleichsetzen. Beides sind wieder Auswirkungen aus der gelebten Kultur innerhalb eines Unternehmens.
Es ist wichtig zu verstehen, dass Unternehmenskultur sich nicht verordnen oder in einem Schriftstück niederlegen lässt. Unternehmenskultur wird gelebt, und zwar von allen Personen innerhalb des Unternehmens. Sowohl die Führungsebene als auch Angestellte prägen das Miteinander, sind an der Entwicklung von Werten und Normen beteiligt. Doch gerade das Management nimmt durch bestimmte Entscheidungen (z. B. die Personalpolitik) eine prägende Rolle bei der Entwicklung und Veränderung der Unternehmenskultur ein.
Es handelt sich um ein reziprokes System, also einen wechselseitigen Mechanismus: Die Kultur beeinflusst das Verhalten aller Mitarbeiter, umgekehrt wirkt sich aber auch das Verhalten aller Personen in einem Unternehmen auf dessen Kultur aus. Zudem existiert ein Unternehmen nicht im luftleeren Raum – die Gesellschaft, in der sich der Betrieb befindet, hat ihre eigene Kultur und beeinflusst damit maßgeblich auch die Werte, die im Unternehmen gelebt werden.
Unternehmenskultur ist daher auch ein sich über Jahre entwickeltes Konstrukt. Besonders für Mitarbeiter, die sich schon lange im Unternehmen befinden, gilt sie als Normalität. Handlungsweisen und Ansichten, die durch die Unternehmenskultur bestimmt werden, werden über die Jahre verinnerlicht und sind im Unterbewusstsein verankert.
In den vergangenen Jahrzehnten wurden verschiedenste Analysemodelle in den Sozial- und Betriebswissenschaften entwickelt, um die Arbeit mit der Unternehmenskultur zu vereinfachen und das Verständnis des Konstrukts zu verbessern. Drei populäre Modelle seien an dieser Stelle vorgestellt.
3-Ebenen-Modell
In der Regel – und dem Sozialwissenschaftler Edgar Schein folgend – geht man davon aus, dass Unternehmenskultur aus drei Ebenen besteht:
- Ebene 1: sicht- und greifbare Verhaltensmuster sowie physische Artefakte
- Ebene 2: von allen geteilte Werte und Normen
- Ebene 3: Grundannahmen, die als selbstverständlich im Umgang mit der Umwelt angesehen werden
Dabei nimmt die Sichtbarkeit von der ersten bis zur dritten Ebene ab. Besonders die Grundannahmen in der dritten Ebene sind stark von der Umwelt geprägt und nicht betriebsspezifisch. Sie sind in jedem einzelnen verankert.
Eisbergmodell
Auch das Eisbergmodell, das sich auf Sigmund Freud stützt – damals verständlicherweise aber noch nicht auf Unternehmensstrukturen gemünzt war –, hilft dabei, Unternehmenskultur zu analysieren. Grundidee ist, dass es einen sichtbaren Bereich gibt, unter dem sich ein sehr viel größeres, verborgenes Konstrukt befindet. Kombiniert man das Drei-Ebenen-Modell von Schein mit der Idee des Eisbergs, kann man die Ebenen erneut aufteilen: in einen sichtbaren und einen nicht sichtbaren Bereich. Alles, was mit Emotionen, Wahrnehmungen, Ängsten und Beziehungen zu tun hat, liegt im verborgenen Bereich.
An der Oberfläche zu sehen und auch für unbeteiligte Dritte nachvollziehbar ist alles, was sich manifestiert. Regeln und Ziele lassen sich konkret dokumentieren. Aber auch die Gestaltung des Büros und das Auftreten der Mitarbeiter sind manifeste Phänomene der Unternehmenskultur.
7-S-Modell
Ein weiteres populäres Beschreibungskonstrukt wurde in den 1970er-Jahren von Tom Peters und Robert Waterman entwickelt, die zu der Zeit für die Unternehmensberatungsfirma McKinsey tätig waren. Das Modell umfasst das komplette Unternehmen (nicht nur dessen Kultur) und gewährt somit eine größere Perspektive.
- Strategy
- Structure
- Systems
- Style
- Staff
- Skills
- Shared Values
Die Unternehmenskultur findet sich unter dem Element Style. Sowohl der Führungsstil des Managements als auch die gelebte Kultur im Betrieb werden hierunter zusammengefasst. Das Besondere an der Betrachtungsweise von Peters und Waterman ist die Tatsache, dass alle sieben Unternehmensaspekte sich wechselseitig beeinflussen. Um eine positive Unternehmenskultur zu erzeugen, müssen nach dieser Theorie alle Aspekte eines Unternehmens harmonisch balanciert werden.
Effekte einer positiven Unternehmenskultur
Von einer als positiv wahrgenommenen Unternehmenskultur kann ein Unternehmen in unterschiedlichster Weise profitieren.
- Zufriedenheit der Mitarbeiter: Glückliche Mitarbeiter sind bereit mehr zu leisten und weisen in der Regel weniger Fehlzeiten auf.
- Innovationsfreude: Fühlen sich die Mitarbeiter wohl im Unternehmen, können sie kreativer arbeiten.
- Außenwirkung: Hat das Unternehmen ein gutes Image in der Gesellschaft, kann das nur Vorteile haben.
- Kooperationen: Eine positive Unternehmenskultur sorgt für mehr Bereitschaft bei anderen, eine Partnerschaft einzugehen.
- Wirtschaftlicher Erfolg: Die genannten Effekte haben wiederum direkten und indirekten Einfluss auf Umsatz und Wachstum.
Um diese Effekte zu erzielen, muss die Unternehmenskultur stark sein. Eine starke Kultur zeichnet sich dadurch aus, dass der Großteil der Mitarbeiter diese auch mitträgt. Darin besteht eine Schwierigkeit bei der gezielten Veränderung der Unternehmenskultur: Wenn nur wenige Kollegen den Wandel mitmachen, hat man keine ausreichend starke Kultur, um positive Effekte zu erzielen.
Unternehmenskultur bewusst verändern
Hat man das Gefühl, die derzeitige Kultur innerhalb des Unternehmens ist nicht förderlich für Wachstum und Rendite, muss man tätig werden. Als Manager, Geschäftsführer oder Inhaber sollte man sich aber bewusst sein, dass sich die Unternehmenskultur erstens nicht auf Knopfdruck verändern lässt und zweitens von vielen externen Faktoren beeinflusst wird: Globalisierung, Leistungsdruck oder der demografische Wandel wirken sich auf die Werte und Normen innerhalb des Unternehmens aus, ob man es möchte oder nicht.
Besonders schwierig ist es – erinnert man sich an das Modell von Schein –, die Grundannahmen zu verändern. Diese sind so selbstverständlich im Wesen der Mitarbeiter verankert, dass man nicht ohne weiteres darauf Einfluss nehmen kann. Stattdessen sollte man an der zweiten Ebene ansetzen: Führt die Unternehmensleitung neue Muster ein, kann sie Werte und Normen nachhaltig verändern. Wichtig dabei ist es, symbolkräftig zu arbeiten. Das bedeutet, dass man den Wandel deutlich kommuniziert, bewusste Zeichen setzt und bei Missachtung der neuen Regeln auch sichtbare Gegenmaßnahmen unternimmt.
Es existiert keine universal perfekte Unternehmenskultur. Jedes Unternehmen ist anders und verfolgt andere Ziele. Deshalb muss es die für sich passende Kultur finden. Einen großen Unterschied findet man z. B. zwischen marktorientierten und nicht marktorientierten Unternehmen. Erstere müssen sehr viel mehr auf die Außenwirkung achten, während letztere ihre Energie vor allem intern einsetzen können.
Um einen erfolgreichen Wandel zu vollziehen, muss in einem ersten Zugang die aktuelle Situation analysiert werden. Hierbei kann man beispielweise auf Fragebögen setzen und so die Mitarbeiter in den Prozess einbinden. Hat man sich die derzeitige Kultur vergegenwärtigt, sollte man sie kritisch betrachten: Wo gibt es Defizite? Daraus entwickelt das Management ein Ziel, das am Ende des Wandels stehen soll.
Erst dann kann die eigentliche Planung des Wandels stattfinden. Zunächst gilt es, die benötigten Ressourcen bereitzustellen. Das kann Budget sein, wird sich aber in jedem Fall auch in der Bereitstellung von Arbeitszeit und -kraft manifestieren. Idealerweise stellt man ein gesondertes Team für die Projektzeit zusammen. Auch externe Dienstleister können beim Wandel der Unternehmenskultur helfen.
Beim tatsächlichen Ändern der Kultur spielt Kommunikation eine große Rolle. Alles, was sich manifestieren lässt, also im sichtbaren Bereich des Eisbergmodells liegt, muss so klar wie möglich benannt werden. Durch starke Symbole und konkrete Rituale lassen sich dann auch tieferliegende Verhaltensmuster verändern – auch wenn dies Zeit benötigt.
Des Weiteren müssen sich die Bedingungen ändern: Nur weil man jemandem sagt, dass er sich anders verhalten soll, wird er das nicht zwangsläufig tun. Ändert sich aber die grundlegende Situation, passen sich die Menschen an diese Veränderungen an. Nicht alles, was auf die Unternehmenskultur einwirkt, kann allerdings beeinflusst werden. Gesetze beispielsweise oder auch Kundenverhalten müssen akzeptiert werden. Im Einflussbereich der Unternehmensführung stehen allerdings Strukturen und Prozesse. Erfolgsdruck, Hierarchien, Gestaltung der Räumlichkeiten wirken auf das Verhalten der Mitarbeiter ein und eignen sich somit als Stellschrauben zur Änderung der Unternehmenskultur.
Ganz wichtig ist beim Kulturwandel die Devise ‚Dranbleiben‘. Die gelebte Kultur innerhalb des Betriebs kann sich nur nachhaltig verändern, wenn man den Wandel längerfristig vorantreibt. Eventuell werden sich kurzfristig Erfolge zeigen – doch schnell verfallen alle Mitarbeiter wieder in die alten Strukturen. Erst wenn sich neue Gewohnheiten etabliert haben, ist der Wandel wirklich abgeschlossen.
Ein erfolgreicher Wandel der Unternehmenskultur muss immer vom kompletten Betrieb mitgetragen werden. Eine Top-down-Variante, bei der das Management den Kurs ohne Hinzuziehen der Belegschaft vorgibt, wird mit größter Wahrscheinlichkeit nicht zum Erfolg führen. Wenn man alle Abteilungen in den Prozess einbindet und auf Feedback reagiert, lässt sich ein besseres Ergebnis erzielen.